Warum investiert jemand Millionen in ein alternatives Medien-„Projekt“ wie „NIUS“? Es ist wegen der Wahrheitsliebe, ich schwör‘. Mit Opposizionsbewirtschaftung hat das nichts zu tun. Die Medienkritik.
von Max Erdinger
„Deutsche Oscar-Hoffnung auch bei der Gala an der Seite eines Judenhassers“, titelt „NIUS“. Schockschwerenot. Ist es schon so schlimm mit der deutschen Oscar-Hoffnung und ihrer Seite? Gottlob ist „NIUS“ immer am Ball, wenn es um den vermaledeiten Judenhass geht.
Ein gewisser Amir Makatov hat Übles zu berichten. „Bei den Academy-Awards in der Nacht zum Montag erhielt die deutsche Schauspielerin Sandra Hüller keinen Preis. Dennoch steht sie im Zentrum der Gespräche. Hüllers Begleiter Swann Arlaud trug an diesem Abend einen Anstecker mit den Farben des Pan-Arabismus, besser bekannt als Flagge Palästinas.“ – ist es die Möglichkeit? Was bildet sich dieser Arlaud eigentlich ein? Geht es noch schlimmer? – Ja, das geht. Die deutsche Oscar-Hoffnung Sandra „Hüller spielt im Film ‚Zone of Interest‘ die Frau des Auschwitz-Lagerkommandanten Rudolf Höss. Bei der Verleihung sieht man sie an der Seite eines Mannes, der sich mit Judenmördern solidarisiert.“ – ob’s wohl wahr ist? Nein, das ist natürlich nicht wahr. Allenfalls solidarisiert sich Arlaud mit den Palästinensern. Unter denen gibt es ein paar furchtbar Böse. Die Olympia-Attentäter von München 1972 zum Beispiel. Oder die Entführer der Lufthansamaschine „Landshut“ im Jahr 1977, um es hier bei zwei Exempeln zu belassen. Es gäbe noch etliche mehr. Aber das sind bei weitem noch nicht alle „die Palästinenser“. Wenn es allerdings doch so wäre: Die Entführer der „Landshut“ wollten damals elf inhaftierte, deutsche RAF-Terroristen freipressen. Ergo: Alle Deutschen sind Terroristen. Das vereinfacht die Sache mit dem Schwarz/Weiß-Denken ganz erheblich. Ja, oder nicht? Wenn alle Palästinenser „Judenmörder“ sind, weswegen man sich mit ihnen nicht solidarisieren darf, ohne darüber zum „Judenhasser“ zu werden, kann man sich ja wohl unmöglich mit Deutschen solidarisieren, ohne darüber zum Terroristen zu werden.
Aber gut, ich solidarisiere mich trotzdem mit den Deutschen. Weil sie Solidarität gut gebrauchen können. Es mag sie ja sonst kaum noch jemand auf der Welt. Lediglich die deutschen Sozialsysteme sind beliebt. Wenn man sich umschaut auf dem Globus, bekommt man schier den Eindruck, selbst die Palästinenser seien noch beliebter als die Deutschen. Und sogar die Deutschen liegen dabei noch vor den Israelis auf der Beliebtheitsskala. Das ist schon arg. Wie’s wohl kommt?
Da will ich dem lieben Kollegen Amir Makatov von „NIUS“ einmal solidarisch zur Seite stehen und ihm bei der Identifizierung von „Judenhassern“ helfen. Gut aufpassen, Amir Makatov von den „NIUS“: Max Blumenthal, Aaron Maté, Norman J. Finkelstein, Jeffrey Sachs, Ilan Pappé, Miko Peled, die „Jewish Voice For Peace“ u.v.a.m. – allesamt Juden, die „Juden hassen“. – Naaa? Sind wir Deutschen von den alternativen Medien nicht die allerbesten im solidarischen Aufspüren von Judenhassern? Wahre Scherlockholmse? Doch, sind wir natürlich. Wir sind Deutsche. Wir sind überaus geübte Judenfinder. Auch die „Judenhasser“ unter den Juden – von denen entgeht uns ebenfalls keiner. Und jüdische „Judenmörder“ erst! Der Jude Jigal Amir z.B. – der hat 1995 glatt einen jüdischen Premierminister erschossen. Einen ganzen jüdischen Premierminister! Jitzchack Rabin hieß er. Mausetot geschossen! Von einem jüdischen Judenhasser! Es ist schon schlimm mit diesem jüdischen Judenhass. Gut, daß es uns Deutsche gibt. Wir kennen uns aus und wissen, wie’s ist. Stimmt’s vielleicht nicht, Herr Amir … äh … Makatov? Doooch-doch-doch. Wenn es um den Judenhass geht, den vermaledeiten, dann macht uns so schnell keiner was vor. Mal im Ernst jetzt: Fck dich, Malatov! So, wie sich alle fcken sollen, die glauben, sie müssten sich „an die Seite“ von Völkermördern und Kriegsverbrechern stellen.
Aber es gibt ja auch noch andere „alternarrative Medien“ außer den „NIUS“ des alerten Herrn Reichelt, der „uns alle gemeinsam“ so schön mit den täglichen Aufregerchen versorgt, derentwegen wir wissen, daß wir zu den Gerechten zählen. Was ja auch das Wichtigste ist im allgemeinen Polit-Entertainment von links bis rechts und umgekehrt. Den „Tagesspiegel“ gibt es da zum Beispiel. Der ist eine legendäre Alternative zum „wertewestlichen Israel-Narrativ“. Dort gibt es ein lehrreiches Stückchen über den berüchtigten Roger Waters zu lesen. Gaaaanz schlimmer Finger, der alte Roger von Pink Floyd. In der Ukraine steht er übrigens auf der „To-Kill-Liste“ von Myrotvorets, so, wie inzwischen auch Tucker Carlson. Wegen der westlichen Werte, der Demokratie, der Freiheit und dem ganzen illusorischen Gedöns, dessentwegen „wir alle gemeinsam“ auch die bösen Russen fast so inbrünstig hassen müssen wie die jüdischen Judenhasser. Ja-ha!
International bekannt: The Germans are champions in Hate’n Hatespeech. Also, was schreibt er nun, der mordsalternative „Tagesspiegel“, um den Makatov-„NIUS“ endlich den alternarrativen Rang abzulaufen? Das hier schreibt er: „Update / Geschöntes Interview der ‚Berliner Zeitung‘: Die verheimlichten Entgleisungen des Roger Waters. In einem Interview stellte Pink-Floyd-Mitgründer Roger Waters das Existenzrecht Israels infrage, verglich es mit Nazi-Deutschland. Gedruckt wurde eine viel harmlosere Version. Wieso?“ – schon haben wir den Salat mit den hässlichen Interviews. Es hat gefälligst nur schöne Interviews zu geben. Andere sind dem deutschen Leser schlicht nicht zuzumuten. Wegen der fiesen Entgleisung, derentwegen nichts mehr in der schönen Spur auf der intellektuellen Modelleisenbahn im deutschen Schädel läuft. Nicht, daß sich der deutsche Alternarrativschädel erschreckt und seine nützlichen Gewißheiten infrage stellt. Deswegen hat man in Deutschland, beim „Tagesspiegel“, glaube ich, das „geschönte Interview“ erfunden. Das ist ein hässliches Interview, das schön gemacht wurde. Wos a Raffinesse. Da hat dieser unverschämte Roger Waters also tatsächlich Israel mit Nazi-Deutschland verglichen? Was gibt’s da zu meckern? Solange ich nicht weiß, zu welchem Ergebnis er dabei gekommen ist, müsste ich glatt unterstellen, daß er Israel für weniger schlimm gehalten haben könnte als Nazi-Deutschland. Das ist ja der Sinn von Vergleichen überhaupt: Daß man hernach weiß, was genau etwas im Verhältnis zu etwas anderem ist. Die Historiker … äh … Statistiker haben da eine glasklare Antwort, die auch stimmt: Rein zahlenmäßig waren die Nazideutschen schlimmere Völkermörder als die Israelis von heute. Außerdem waren sie Judenhasser, wenn auch keine jüdischen, so, wie die jüdischen „Judenhasser“, die ich weiter oben erwähnt habe.
Aber es stimmt schon: Wenn es um den Judenhass der Anderen geht, macht uns Deutschen keiner so schnell ein X für ein U vor. Beim Judenhass kennen wir uns aus. Da sind wir so dermaßen selber Experten, daß wir gar keine anderen mehr brauchen.