Ob das Herrn Lauterbach beeindrucken wird?
Der Deutsche Richterbund hat seinen Widerstand gegen das Cannabis-Gesetz mit neuen Zahlen untermauert. Mit der geplanten Amnestieregelung kämen mehr als 100.000 Stunden Arbeit allein auf die Staatsanwaltschaften zu, sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben).
Bundesweit müssten mehr als 200.000 Strafakten nochmals überprüft werden. „Bereits die erste Sichtung dieser Akten auf amnestiefähige Vergehen dauert durchschnittlich 30 Minuten pro Fall“, so Rebehn. „Danach beginnt die Arbeit erst richtig, weil in den herausgefilterten Verfahren zum Beispiel Beteiligte anzuhören, Vollstreckungen zu ändern und Betroffene aus der Haft zu entlassen sind.“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wolle „ein Bürokratiemonster von der Kette lassen, das Dutzende neue Ordnungswidrigkeiten einführt, die nach Einsprüchen Betroffener vielfach wieder vor den Gerichten landen“, kritisierte der Richterbund-Geschäftsführer. „Das Gesetz ist gespickt mit zahlreichen Auflagen für den Anbau von Cannabis und mit aufwendig zu kontrollierenden Abstandsregeln, Konsumverbotszonen oder Konsumverbotszeiten.“ Polizei, Ordnungsbehörden und Gerichte dürften mit einer Flut von Zweifels- und Streitfragen konfrontiert werden.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der deutsche Landkreistag hat vor der Bundesratssitzung am Freitag an die Länder appelliert, das Cannabisgesetz vorerst zu stoppen und den Vermittlungsausschuss anzurufen.
„Wenn der Bundesrat nicht auf die Bremse tritt, werden Polizei, Zoll, Justizbehörden und Jugendämter angesichts fehlender Übergangsfristen unmittelbar überfordert sein“, sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Alexander Poitz dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Donnerstagausgaben). „Eine ausreichende und angemessene Vorbereitung auf die neue Gesetzeslage ab dem 1. April ist so schlicht nicht möglich“, sagte der Gewerkschafter.
Die wesentlichen offenen Fragen müssten vorher beantwortet werden. „Momentan kann nicht eingeschätzt werden, wie lange die Phase hoher Rechts- und Handlungsunsicherheit aufseiten aller Betroffenen andauert, würde das Gesetz durchgewunken“, mahnte Poitz.
Auch die Gewerkschaft sieht durch das Cannabisgesetz eine zwangsläufige Mehrbelastung auf die Polizei zukommen. „Zu den bisherigen Kontrollaufgaben kämen neue hinzu: auf der Straße, im privaten Bereich sowie in den Anbauvereinen“, sagte Poitz. „Dass ein zeitnaher Fortbildungs- sowie Ausstattungsbedarf besteht, der wiederum zu zusätzlichen Belastungen führt, hat der Gesetzgeber nicht bedacht.“ Zudem sei die unklare Kontrollsituation im Straßenverkehr besorgniserregend. „Neben einem abgestimmten Grenzwert fehlt geeignete Ausstattung zur praktischen Durchführung und zum Nachweis von Cannabis bei Fahrzeugführern“, bemängelte der stellvertretende GdP-Vorsitzende.
Der Deutsche Landkreistag hat unterdessen vor einer Überlastung der Kommunen gewarnt. „Wir haben große Sorgen wegen der gesundheitlichen Folgen sowie des kommunalen Vollzugsaufwands“, sagte Präsident Reinhard Sager (CDU) ebenfalls dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Donnerstagausgaben). „Es ist unklar, wie viele Anbauvereinigungen entstehen und kontrolliert werden müssen. Die Gesundheitsämter werden dadurch weiter belastet und die Wahrnehmung bereits bestehender Aufgaben wird erschwert.“
Zusätzliche Lasten entstünden auch bei den Fahrerlaubnisbehörden der Landkreise durch „mehr Eignungsprüfungen, Fahrverbote und Ordnungswidrigkeitenverfahren“, kritisierte Sager. Der Umsetzungsaufwand müsse beschränkt werden, forderte der Verbandschef. „Wir haben nicht den Eindruck, dass der Gesetzgeber dies bislang ausreichend berücksichtigt hätte.“ Der Landkreistag verwies auf die Änderungsvorschläge der Länder etwa bezüglich der Reduzierung der erlaubten Mengen und dem Zurückdrängen aus dem öffentlichen Raum. „Wir unterstützen die Länder“, fügte Sager hinzu.
Selbst NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hofft, dass die Ministerpräsidenten am Freitag die Cannabis-Pläne von Karl Lauterbach (SPD) stoppen.
„Ich halte das Cannabisgesetz nach wie vor für einen schweren Fehler. Als Gesundheitsminister geht es mir um den Gesundheitsschutz der Menschen. Mit Blick auf Cannabis gilt das insbesondere für junge Menschen“, sagte Laumann der „Rheinischen Post“ (Donnerstag). Das Risiko cannabisbedingter Hirnschädigungen bei Heranwachsenden und jungen Erwachsenen sei belegt. „Ich kann den Bundesgesundheitsminister, der von Haus aus Mediziner ist, in dieser Frage auch nicht wirklich verstehen. Anstatt die Risiken ernst zu nehmen, will er das Gesetz mit der Brechstange durchsetzen“, kritisierte Laumann.
Der CDU-Politiker sagte weiter: „Der Bundesgesundheitsminister ignoriert die eindringlichen Warnungen, die aus der Ärzteschaft, der Polizei und der Justiz kommen. Ich kann auch nicht erkennen, wie mit dem Gesetz der Schwarzmarkt wirkungsvoll zurückgedrängt werden soll. Und: Wie soll eine Präventionskampagne funktionieren, die prominent mit dem Wort legal
wirbt?“
Sollte dieses Gesetz zum Wohle des Volkes im Bundesrat noch gestoppt werden: Tritt dann Lauterbach endlich zurück? (Mit Material von dts)