Claudia Pechstein in "Uniform" (Foto: Iurii Osadchi/Shutterstock)

Streit um Pechstein-Auftritt geht munter weiter

Ein Ablenkungsmanöver? Das Sommerloch? Oder wieder mal so eine linke Nummer, bei der sich alle wie Aasgeier auf einen Promi stürzen, der es wagt, die Wahrheit auszusprechen. Auf jeden Fall ist die Pechstein-Debatte noch lange nicht vorbei:

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, hält die Vorwürfe gegen die Eisschnellläuferin und Bundespolizistin Claudia Pechstein wegen deren Rede in Dienstuniform bei einem CDU-Konvent auf jeden Fall schon mal für unbegründet. “Die Bundespolizei prüft gerade, ob ein solcher Vorwurf gerechtfertigt ist, ich persönlich sehe das nicht”, sagte er dem Fernsehsender “Welt”. Auch inhaltlich könne er die Kritik “nicht nachvollziehen”, so Frei.

“Denn die Frau Pechstein hat vor allen Dingen gesagt, dass ausreisepflichtige Asylbewerber abgeschoben werden sollen. Und das ist eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit. Da geht es ja nicht darum, ob man das gut oder schlecht findet, sondern das ist die Umsetzung geltenden Rechts.”

Auch eine Polizistin in Uniform werde “doch das sagen dürfen, was geltendem Recht entspricht”. Das sei aus seiner Sicht “keine Meinung, sondern das ist eine klare Rechtsposition”.

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt hat der CDU derweil eine Mitschuld an der Diskussion über den Redebeitrag von Bundespolizistin und Olympiasiegerin Claudia Pechstein beim Parteikonvent der CDU gegeben. “Ich will darauf hinweisen, dass die CDU, die sie ja eingeladen hat, ihr diesen Ärger hätte ersparen können, indem sie gesagt hätte: Machen Sie das mal besser nicht, das könnte Ärger geben“, sagte Wendt, der selbst CDU-Mitglied ist, dem TV-Sender “Welt”. “Ich finde, der Veranstalter – derjenige, der eine Kollegin einlädt – der hat hier auch eine Verpflichtung. Das ist dann der CDU zuzurechnen.” Wendt äußerte Zweifel daran, dass der Auftritt Pechsteins beamtenrechtlich in Ordnung sei. Dass Pechstein vorher bei ihrem Vorgesetzten und einem Gewerkschaftsvertreter nachgefragt habe, sei “in die Prüfung mit einzubeziehen”, bedeute aber nicht automatisch, dass Pechstein im Recht sei: “Da ist sie dann offensichtlich falsch beraten worden. Das ist ihr dann persönlich selber nicht anzulasten, aber das wird Bestandteil dieser Prüfung sein. Gewerkschafter sagen auch schon mal was Falsches.” Die Bundespolizei habe “das einzig Richtige” getan, indem sie ein dienstrechtliches Prüfungsverfahren eingeleitet habe.

Mit einer schnellen Entscheidung rechnet Wendt nicht: “Da werden viele Aspekte berücksichtigt. Die Gesamtpersönlichkeit von Frau Pechstein, ihr bisheriges dienstliches Wirken und vieles andere mehr wird da zu berücksichtigen sein – und dann wird die Frage geklärt sein, ob es überhaupt zu einem Disziplinarverfahren kommen muss.” In der Sache habe Pechstein mit ihrer Kritik auf jeden Fall richtig gelegen, findet Wendt.

Pechstein habe das “Totalversagen in der Migrationspolitik” benannt und auf Defizite beim “Schutz der Menschen im öffentlichen Raum” hingewiesen. Das sei rechtlich auch völlig unproblematisch: “Sie hat bei den Inhalten von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht. Das ist überhaupt nicht zu beanstanden.”

Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas (CDU) hat den Auftritt der Eisschnellläuferin und Bundespolizistin Claudia Pechstein beim CDU-Grundsatzkonvent am Wochenende dagegen scharf kritisiert. “In der Schule hätte die Lehrerin Thema verfehlt gesagt bei der Benotung”, sagte sie dem “Spiegel”. Magwas, die auch im Präsidium und im Bundesvorstand der CDU sitzt, kommt damit zu einer völlig anderen Einschätzung als Parteichef Friedrich Merz.

Der hatte Pechsteins Auftritt als “brillant” bezeichnet und dies mit ihren Ausführungen zur Stärkung des Vereinssports begründet. “Zu den wichtigen Themen Sport und Ehrenamt habe ich leider zu wenig von Frau Pechstein gehört”, sagte Magwas. Pechsteins Rede sei “viel zu pauschal und populistisch” gewesen, kritisierte die CDU-Abgeordnete aus Sachsen: “Kein guter Auftritt.”

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Karin Prien zeigte sich enttäuscht darüber, dass Pechsteins Auftritt die Debatte über die Veranstaltung zur künftigen programmatischen Aufstellung der CDU beherrscht. “Allein die Fokussierung auf dieses eine umstrittene Statement zeigt das Problem: Wir reden zu wenig über die wichtigen und substantiellen Impulse etwa von Eva-Maria Welskop-Deffa, Michael Vassiliadis, Tanja Gönner, Ralf Fücks und vielen weiteren Vertretern der Zivilgesellschaft in den zehn Foren”, sagte Prien dem “Spiegel”. Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin forderte: “Wie Daniel Günther schon richtig sagt: Wir sollten jetzt keine Debatten über Nebensächlichkeiten führen.”

Der Ministerpräsident aus Schleswig-Holstein hatte kürzlich via “Süddeutsche Zeitung” seiner Partei empfohlen: “Kurs der Mitte, sprachlich sauber bleiben, keine Debatten über das Gendern und andere Nebensächlichkeiten führen – den Leuten halt keinen Scheiß erzählen.”

Keinen Scheiß erzählen? Dann müssten 98 Prozent der Politiker wohl für immer ihre Klappe halten. Frau Pechstein allerdings hat mal KEINEN Scheiß geredet. (Mit Material von dts)

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