Der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte: Nordstream-Sprengung - Foto: Collage

Nord-Stream-Saboteure sollen in Ukraine geflüchtet sein

Zurück in die Heimat?

Die Saboteure der Nord-Stream-Pipelines sollen nach dem Anschlag im vergangenen September in die Ukraine geflüchtet sein. Darauf deuten zahlreiche Datenspuren hin, die Ermittler auswerten konnten, berichtet der “Spiegel”. Demnach kommen Experten von Bundeskriminalamt und Bundespolizei nach der Analyse unter anderem von IP-Adressen und anderen Daten zu dem Schluss, dass sich die Verdächtigen vor und nach dem Sabotageakt in der Ukraine aufgehalten und von dort aus kommuniziert haben.

Das Bild, das diese Auswertung erbracht habe, sei ziemlich eindeutig, heißt es in Sicherheitskreisen, so der “Spiegel”. Überhaupt überwiege unter Ermittlern und Agenten mittlerweile der Verdacht, dass ein ukrainisches Kommando für den Angriff auf die deutsche Energieinfrastruktur verantwortlich war. Man wisse weit mehr, als öffentlich bekannt sei, sagte ein Spitzenbeamter.

Auf eine “False Flag”-Operation Moskaus, bei der die Russen die Explosionen ausgelöst und bewusst eine falsche Fährte in die Ukraine gelegt hätten, gebe es keine Hinweise, heißt es. Die Erkenntnisse korrespondieren mit denen des niederländischen Militärgeheimdiensts und der CIA, die bereits Monate vor der Attacke vor einem ukrainischen Sabotage-Kommando und genau dem Szenario gewarnt hatten, das dann eintrat. In Berlin waren die Warnungen als nicht relevant eingeschätzt worden, nachdem der ursprünglich vermutete Zeitpunkt für einen Anschlag verstrichen war.

Der Generalbundesanwalt ermittelt noch immer gegen Unbekannt wegen des “Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindlicher Sabotage”. Die Behörde will sich zu dem laufenden Verfahren nicht äußern.

Schon merkwürdig, dass die Bundesregierung offensichtlich von nichts wusste. Aber immerhin reagiert sie jetzt:

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) setzt darauf, dass die deutschen Ermittler die Saboteure der Nord-Stream-Pipelines überführen. “Ich erhoffe mir, dass der Generalbundesanwalt genügend Anhaltspunkte findet, um die Täter anzuklagen”, sagte Faeser dem “Spiegel”. “Wir müssen solche Verbrechen vor Gericht bringen.”

Es stärke auch das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat, wenn es gelinge, so komplexe Sachverhalte aufzuklären. Der Anschlag im September 2022 habe unmittelbar die Frage aufgeworfen, wie die Bundesrepublik sich besser schützen könne. “Ein Ausfall von kritischer Infrastruktur kann enorme Auswirkungen auf das Leben der Menschen haben”, sagte Faeser, “ob das Pipelines sind, Stromleitungen oder die Trinkwasserversorgung.”

Auf die Frage, wie sie Deutschland gegen Sabotage wappnen wolle, verweist die Innenministerin auf ein Gesetz, das sie kürzlich vorgelegt habe. Darin würden für elf Sektoren von der Energie über den Verkehr bis hin zur Gesundheits- und Lebensmittelversorgung Mindeststandards festgelegt. Es gehe dabei “nicht nur um Vorsorge gegen Sabotage oder Anschläge, sondern auch gegen Folgen des Klimawandels wie Überschwemmungen”, sagte die Innenministerin.

Vollständigen Schutz könne es nie geben, räumt Faeser ein, “aber wir müssen dafür sorgen, dass wir so viel Sicherheit wie möglich haben”. Auch ein Großausfall der Bahn wie im Herbst, nachdem an zwei Orten gleichzeitig Kabel durchtrennt wurden, solle “in Zukunft nicht mehr möglich sein”, so die SPD-Politikerin. Im Zweifel brauche es hier “ein drittes oder viertes Sicherheitsnetz”.

Faeser kündigt zudem an, dass die Überprüfung von Bauteilen des chinesischen Herstellers Huawei im deutschen Mobilfunknetz bald abgeschlossen sei. “Wenn die Prüfung durch unsere Expertinnen und Experten ergibt, dass diese Komponenten unsere Sicherheit gefährden können, dann werden wir handeln”, sagte sie. Deutschland müsse “viel stärker als früher” darauf achten, “dass wir uns bei unserer kritischen Infrastruktur nicht abhängig machen von anderen Staaten”.

Man darf gespannt sein, ob die ukrainische Regierung die deutschen Ermittlungsbehörden tatkräftig unterstützen werden. Hat Frau Faeser schon mal bei Herrn Selenskij angeklopft?

Und gibt es eine Entschuldung für Putin? (Mit Material von dts)

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