Grüner Raser; Bild: Shutterstock
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Verlust-Weltmeisterschaft: Deutsche Siege & Rekorde

Keine andere Nation, scheint es, kann in Rekordzeit so viel verlieren wie Deutschland. Fußball- & Füßchenbällchenturniere, ganze Industriezweige, den Verstand, den Wohlstand, den Anstand, die Freiheit und so vieles mehr. Muß man da wirklich noch über jedes Detail einzeln nachdenken oder gäbe es eine grundlegende deutsche Verlustfähigkeit, die einzigartig ist?

von Max Erdinger

Wenn man sich im deutschen Blätterwald umschaut und über die ganze Meinungsvielfalt staunt, die es zu Ampel und Aiwanger, Leichtathletik-Weltmeisterschaft, Energiekrise, Klimazielen, Kindergrundsicherung, Immigration, Ukraine, Reifezeugnis, Gewaltkriminalität, Russen, Hitze, Spritze, Dürre & Hochwasser gibt, ist man geneigt, einfach abzuwinken und mit seinem Hund spazieren zu gehen – und nur, weil man einfach einmal mit jemanden unterwegs sein will, der einen nicht dauernd anlügt. Auf einem solchen Spaziergang kann man dann darüber nachdenken, ob es nicht einen deutschen Generalverlust gibt, aus dem heraus sich die ganzen Detailverluste erklären lassen. Es gibt ihn, den deutschen Generalverlust – und es gibt auch eine Bezeichnung dafür: Es handelt sich um den grundsätzlichen Realitätsverlust.

Was ist Realität?

Realität ist ein Synonym für Wahrheit. Die Dinge sind wie sie sind. Das ist wahr. Ob jemand erkennen kann, wie die Dinge sind, oder ob nicht, ändert nichts daran, daß sie sind, wie sie sind. Wer behauptet, es gebe keine Wahrheit, der behauptet, daß es keine Realität gibt, mithin also, die Dinge seien nicht so, wie sie sind, sondern so, wie sie ihm vorkommen. Heinz kommt ein Ding so vor, dasselbe Ding kommt Fritz anders vor – und Frau Schweinskopf-Sülze behauptet, das Ding sei gar kein Ding. So viele Leute es gibt, denen etwas irgendwie vorkommt, so viele Meinungen gibt es auch. Alle miteinander freuen sich und erklären einem strahlend, daß es sich dabei um die löbliche “Meinungsvielfalt” handelt.

Zu der wiederum hat beispielsweise dem Heinerhofbauern sein Knecht eine Meinung, die er in seiner rustikalen Art so ausdrückt: Auf die Meinungsvielfalt ist geschissen. Seine Meinung begründet er so: Das Rathaus in der Stadt könne man sich von allen Seiten anschauen, sagt er, und von jeder Seite sehe es anders aus, ohne daß sich etwas Grundsätzliches ändert: Es sei immer ein- und dasselbe Rathaus.  Wie das Rathaus für den Heinz von Osten her, für den Fritz von Westen her und für die Frau Schweinskopf-Sülze von Norden her aussehe, interessiere ihn schon deswegen nicht, sagt er, weil er von Süden her auf das Rathaus schaut, und weil ihm das ausreicht, um zu erkennen, daß er auf das Rathaus schaut. Wenn er das Rathaus sieht, so dem Heinerhofbauern sein Knecht, dann denkt er “Rathaus” und nicht “Meinungsvielfalt, Heinz, Fritz und Frau Schweinskopf-Sülze”.

Der Wrschtlpfrmpft

In der Stadt gibt es auch den Wrschtlpfmpft. Niemand wisse, was das sein soll, sagt dem Heinerhofbauern sein Knecht, weswegen das Ding auch Wrschtlpfrmpft heiße. Es sei einfach da. Aber Meinungen gibt es zum Wrschtlpfrmpft, sogar richtige Meinungsverschiedenheiten. Der Fritz meine, es sei eindeutig der Wrschtlpfrmpft, der Heinz sei der Ansicht, es handele sich um die Wrschtlpfrmpft – und die Frau Schweinskopf-Sülze schwöre Stein und Bein, daß es sich um das Wrschtlpfrmpft handele. Eine Minderheit meine, es gebe überhaupt keinen Wrschtlpfrmpft in der Stadt. Die allerdings muß sich der Mehrheit fügen. Beim menschengemachten Klimawandel sei es übrigens genauso.

Freunde & Verbündete

Freunde wünschen sich gegenseitig das Beste. Sie sind sich freundlich gesinnt. Wenn sie dieselben Ziele verfolgen, sind sie auch Verbündete. Wenn sie sich gegenseitig nicht das Beste wünschen und keine gemeinsamen Ziele verfolgen, dann sind sie keine Freunde und Verbündeten. Meinungen dazu ändern an diesem Sachverhalt gar nichts. Besteht die amerikanische Regierung aus  Freunden der Deutschen? – Nein.  Was wäre es also, wenn man so tut, als sei die amerikanische Regierung ein Freund der Deutschen? – Realitätsverlust.

Was jemand ist, hängt nicht davon ab, wie man ihn benennt. Auch ein Anti-Wirtschaftsminister würde als Wirtschaftsminister bezeichnet werden, wenn er in dieses Amt eingesetzt worden ist . Ein vergesslicher Bundeskanzler ist ein Vergesslicher. Kann man einen Vergesslichen als Bundeskanzler gebrauchen? – Nein. Also bezeichnet man ihn wohl am besten als einen Vergesslichen – und danach erst als einen Bundeskanzler. Und zwar als einen, der nichts taugt, weil er vergeßlich ist. Und das wäre noch die günstigste Unterstellung. Es könnte nämlich auch sein, daß er nicht vergesslich ist, sondern nur behauptet, er sei vergesslich. In dem Fall wäre er dann ein Lügner. Und so einen bräuchte man erstrecht nicht als Bundeskanzler.  Einen Diplomaten, der nicht diplomatisch ist, braucht ebenfalls kein Mensch. Vielleicht würde er ja einen guten Wrschtlpfrmpft abgeben. Es ist auch nicht sinnvoll, einen Geisteskranken als Gesundheitsminister zu beschäftigen. Das ist so. Meinungen dazu sind erläßlich. Als Außenministerin nicht zu gebrauchen ist jemand, die nicht einmal weiß, was die maximal denkbare Entfernung zwischen zwei x-beliebigen Orten auf der Erde ist.

Der Kompromiss

Der Kompromiss ist keine Lösung, sondern eine Notlösung. Die Dinge sind, wie sie sind, nicht, worauf man sich einigen kann. Der Kompromiss gilt nie der Sache, um die es geht, sondern er nützt über einen gewissen Zeitraum nur denen, die sich mit der Sache beschäftigen. Weil sie “um des lieben Friedens Willen” berücksichtigen müssen, was Andere darüber behaupten, wie “das Rathaus” für sie aussieht. Bestenfalls “knapp daneben” ist eben auch daneben. Der Nagel muß auf den Kopf getroffen werden, wenn man ihn einschlagen will. “In der Nähe des Kopfes” nützt überhaupt nichts. Das läßt den Nagel völlig unbeeindruckt. Das ist so. Es ist wahr. Das ist die Realität. Wer den Kompromiss für eine Lösung hält, wird sich mit der Sache, welche gelöst zu haben er sich einredet, erneut zu beschäftigen haben. Wenn er Glück hat, sind es erst seine Nachfolger, die sich mit dem Problem erneut zu beschäftigen haben. Ein ungelöstes Problem bleibt, was es ist: Ein ungelöstes Problem. So ist das. Daß es sich durch unvorhersehbare Umstände in Wohlgefallen auflösen könnte, stimmt zwar, aber der Nachteil an unvorhersehbaren Umständen ist ihre Unvorhersehbarkeit. Deswegen heißt der Konjunktiv auch nicht Indiktativ.

Der Ideologe

Der Ideologe ist eine lästige Erscheinung, weil er sich ständig überlegt, wie die Dinge werden sollen.  Und zwar für alle Anderen. Dabei müsste er berücksichtigen, wie sie in der Gegenwart sind. Kann er das, etwa, weil er von unfehlbarer Urteilskraft ist? – Nein. Aber: Was nicht ist, kann sich auch nicht entwickeln. Die einzige Gleichheit der Menschen ist die, daß sie Menschen sind. Daß die Menschen deswegen aber auch alle gleich seien, ist ein Trugschluß, bestenfalls eine Arbeitshypothese – und zwar die Arbeitshypothese des Ideologen, der “etwas Besseres” schaffen will.  Was will er schaffen? – Das “Paradies auf Erden”. Was steht fest? Fest steht, daß dem Ideologen dann, wenn man ihn dafür füttert, daß er einer ist, egal sein kann, ob es irgendwann einmal das “Paradies auf Erden” gibt. Er wird es nicht mehr selbst erleben. Aber solange er selber lebt und alle anderen ständig nervt, hat er viel davon, daß er Ideologe ist. Weil er dafür gefüttert wird. Ideologen braucht kein Mensch. Das ist wahr. Der Ideologe allerdings braucht ein Fernziel, möglichst weit in der Zukunft. Je weiter in der Zukunft, desto dauerhafter die “Arbeitsplatzgarantie” für ihn selbst. Wenn auch kein Mensch Ideologen braucht: Der Ideologe braucht auf jeden Fall Menschen, die an seinen Lippen hängen. Wenn es geht, sogar viele. Je mehr Lippenhänger, desto größer seine Macht.

Der Lauf der Zeit hat auch keine bestimmte Richtung. “Vorwärts” ist keine Parteizeitung, sondern eine Diagnose. Und zwar keine schmeichelhafte. Weil der Ideologe immer für alle Anderen denkt und dabei die Gleichheit als Arbeitshypothese zur Grundlage hat, muß er zum selbsternannten Volkspädagogen werden. Wenn er sich als solcher nicht durchsetzen kann, muß er behaupten, daß er es lange genug gut mit allen gemeint habe, daß er jetzt aber leider zum Diktator werden müsse, damit sich die Dinge so entwickeln, wie er es zum Besten aller Anderen  will. Er meint es doch auch jetzt nur gut mit allen. “Daß ich der Diktator bin, ist zu euerem Besten”.  Das ist die Phase, die wir Deutschen mit unseren Ideologen gerade – wieder einmal – durchleben. Wer aber nicht weiß oder nicht wahrhaben will, wie die Dinge sind, kann auch nichts über das – u.U. fehlende – Entwicklungspotenzial der Dinge wissen. Die zivilreligöse Dreieinigkeit des Ideologen: Mutter Fortschritt,  Tochter Wissenschaft und der heilige Zeitgeist. Allein schon das Wort “Zeitgeist”: Es impliziert, daß nicht der Geist die Zeiten schafft, sondern die Zeiten den Geist. Schon ist der Ideologe unsichtbar verschwunden in der Zeit, glaubt er, und dadurch von jeder Verantwortungsübernahme für den Stuß befreit, den er verzapft.

Er verzapft jede Menge Stuß, den er braucht, um “vorwärts” zu denken bis “in die Zukunft” der “künftigen Generationen”. Daß es mehr als zwei Geschlechter gebe, ist ein solcher Stuß. Daß der Klimawandel menschengemacht sei, ist ebenfalls ein solcher Stuß. Diese zwei Beispiele reichen hier schon aus, um zu illustrieren, weshalb er Stuß erzählt. Eine Vielzahl an eigenkonstruierten Geschlechtern braucht der Ideologe, weil er am besten bindungslose Einzelne hat, deren natürliche Verbündete wegfallen, so daß sie den Ideologen als Ersatz für ihre natürlichen Verbündeten akzeptieren. Diese, im wahrsten Sinn des Wortes “armseligen” Kreaturen bezeichnet er als “befreit von überkommenen Zwängen”. Was er unter den Tisch fallen läßt, das ist, daß sie “aus überkommenen Zwängen befreit” zu sein haben, damit er sie seinem eigenen, dem “zeitgemäßen” Zwang unterwerfen kann.  Die kreatürliche Familie ist ihm ein lästiges Bollwerk gegen seine impertinenten Anmaßungen. Die Menschengemachtheit des Klimawandels braucht er, weil ihm ein unbeeinflußbarer Klimawandel nichts nützen würde als Instrument zur Verhaltenssteuerung der Anderen. Die Dinge sind trotzdem so, wie sie sind. Es gibt zwei Geschlechter, die aufeinander verwiesen – und erst zusammen “der Mensch” sind.  Sie konkurrieren nicht miteinander, sondern sie ergänzen sich. Auch Georgine Kellermann und Tessa Ganserer wurden von Frauen zur Welt gebracht. Es gibt einen natürlichen Klimawandel, der nicht menschengemacht ist.  Und wenn der Ideologe dadurch zehnmal blöd in die Röhre schaut mit seinen realitätswidrigen Absichten. Die “die Wissenschaft” des Ideologen ist eine reine Agendawissenschaft. Das heißt, sie dient nur noch dazu, ein vorher bereits feststehendes,  ideologisches Postulat zu untermauern, mithin also die Pseudobegründung dafür zu liefern, daß der Ideologe die Macht haben muß. Wahr ist, daß außer dem Ideologen und seiner zivilreligiösen Sekte keiner glaubt, er müsste die Macht haben.

Die Vielfalt der Einzelposten im Gesamtquatsch

Das “grüne Wirtschaftswunder” ist kein grünes Wunder, sondern ein blaues. Mit den Grünen erleben die Deutschen ihr blaues Wunder. Das paßt insofern, als daß die AfD die Blauen sind. Es gibt keine “soziale Gerechtigkeit”, weil es nur die Gerechtigkeit gibt oder eben nicht. “Soziale Gerechtigkeit” ist ein Euphemismus für “Sozialismus”. Es mag schon sein, daß es dann, wenn es unsozial zugeht, zugleich auch ungerecht zugeht. Dann wäre Gerechtigkeit gefragt, aber nicht “soziale Gerechtigkeit”. Gerechtigkeit ist nicht teilbar und es gibt sie auch nicht im Plural. Auf “Recht & Gesetz” braucht sich auch niemand etwas einzubilden, weil es “Recht & Gesetz” überall gibt, sogar in den widerwärtigsten Diktaturen auf Gottes schönem Erdenrund. In der Ukraine zum Beispiel. Die “Freiheiten” sind auch nicht der Plural von “Freiheit”, sondern ihr exaktes Gegenteil.  “Freiheiten” sind Gestattungen, Konzessionen und Erlaubnisse. Die wiederum setzen voraus, daß es jemanden gibt, der so viel Macht über Andere hat, daß er sie erteilen kann. Wer einem Mächtigen gehorchen muß, ist nicht frei. Womit übrigens auch die Behauptung zum zweiten Mal widerlegt ist, alle Menschen seien gleich. Mächtige und Ohnmächtige sind nicht gleich. Sommer und Winter sind auch nicht gleich, obwohl sie gleichermaßen Jahreszeiten sind. Das Vorurteil ist keine Verwerflichkeit, sondern Ausdruck von Schläue und Erfahrung. Es heißt deswegen Vorurteil, weil es das Urteil vor dem eigentlichen Urteil ist. Das Vorurteil beweist nicht Borniertheit, sondern die Offenheit, ein Urteil erst später zu fällen, wenn mehr Informationen vorliegen. Die Schuldzuweisung an einen Juden ist kein Antisemitismus, sondern Antisemitismus wäre, einen Juden für schuldunfähig zu halten, weil er Jude ist.

Gerade kommt wieder eine Push-Meldung herein: “Fußgänger (23) von Straßenbahn erfasst.” – höchstwahrscheinlich falsch. “Fußläufiger Smartphone-Glotzer mit Ohrstöpseln (23) lief vor Straßenbahn über das Gleis und behinderte diese”, hätte es wahrscheinlich heißen müssen. Jede Wette, daß die Straßenbahn unschuldig ist. Man kennt das inzwischen. “Der Alkohol hat mein Leben zerstört” – falsch. Richtig: Jemand hat sein Leben durch übermäßigen Alkoholgenuß selbst zerstört.

Aber das zieht sich in Deutschland durch wie ein roter Faden. Jeder ist ständig das Opfer von irgendwas – und keiner kann etwas dafür. Deshalb gibt es die Experten. Die wissen, wie man keinesfalls Opfer seiner selbst wird. Vor einigen Wochen gelesen: Die zehn häufigsten Fehler beim Kartoffelkochen. Und das waren nur die zehn häufigsten, denen die Opfer der eigenen Unfähigkeit anheim fallen. Da gibt es noch eine Vielzahl anderer Fehler, die sie machen können. Nur kommen sie eben nicht so häufig vor. Gestern waren die deutschen Bewußtseinszustände offenbar schon so weit, daß einer – und das ist wahr! – mit Interesse dafür rechnen konnte, daß er über die häufigsten Fehler schrieb, die Deutsche machen, wenn sie sich den Hintern abwischen. Wie oft wischen, in welche Richtung wischen, wieviel Druck – alles wußte der Experte.

Ist es nicht schrecklich, wenn man an eine tausendjährige deutsche Geschichte denkt und sich dabei vergegenwärtigt, daß die Deutschen bis zum gestrigen Tag tausend Jahre lang nicht wussten, wie sie sich den Hintern richtig abwischen müssen? Soll man sich wirklich darüber freuen, daß es endlich einen Experten für Wischologie gibt? Ob die Wischologie wohl “die Wissenschaft” der “zukünftigen Generationen” in einer “besseren Zukunft” sein wird? Oder wäre das nur der ultimative Ausweis völligen Realitätsverlustes? – Meine hoffnungsvolle Prognose: Wenn sich Deutsche wieder dafür interessieren, was wahr  – also die Realität – ist, anstatt sich permanent einreden zu lassen, wichtig sei, was sie meinen & finden, wie die ferne Zukunft aussehen wird, was ihnen gefällt, was sie als ihre “Rechte” begreifen und was sie gern hätten, dann würden die meisten der Detailprobleme, die ihnen in einer nie zuvor gesehenen Fülle tagtäglich um die Ohren gedroschen werden, von ganz alleine wegfallen, weil sie schon gar nicht erst entstehen würden. Demokratie ist nicht dasselbe wie “Wünsch Dir was” – und Freiheit ist nichts, was einem ein Anderer zu gewähren hätte. “Bündnis 90/ Die Grünen” ist nur ein Synonym für “gesellschaftlicher Totalschaden”.

 

 

 

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