Unverschämte 6,5 Prozent Grunderwerbsteuer: Was im Thüringer “Brandmauer”-Wirbel unterging


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Neubau auf Baugrundstück: Der maßlose Staat langt steuerlich gleich mehrfach zu (Symbolbild:Imago)

In der allgemeinen Schnappatmung über die gemeinsame Abstimmung im Erfurter Landtag von CDU, FDP und AfD und der maßlosen Empörung der “Demokraten” gingen, wie so oft in dieser Zeit, die inhaltlichen Aspekte und Sachthemen völlig unter, und es wurde nirgends beleuchtet, was eigentlich der Grund für dieses parlamentarische Zusammengehen bürgerlicher Vernunft gegen die rot-rot-grüne Thüringer Minderheitsregierung gewesen war: Die Grunderwerbsteuer (GeSt) in Thüringen gehörte mit 6,5 Prozent nämlich zu den höchsten in Deutschland. Sie betrug fast doppelt so viel wie in Bayern mit 3,5 Prozent – und der Freistaat gilt trotzdem nicht als der Ärmste. Doch statt um überkommene Grundmauern unseres Steuersystems zu streiten, tut man das über die „Brandmauer“ gegen eine Partei, die andere immer mehr überflügelt. Man stellt sich zunehmend die Frage, wie in so manchem Zoo, ob die gefährlichere Spezies hier eigentlich innerhalb oder außerhalb des Schutzzauns herumläuft.

Um was es in der Sache geht, Parteitaktik einmal ausgeklammert, war die überfällige Gegenwehr gegen einen immer gierigeren und unverschämteren Fiskalstaat. Unser Staat scheint eine Art Finanzmafia geworden zu sein, was in diesem Beitrag am Beispiel der GeSt aufgezeigt werden soll. Entsprechende Hintergrundinformationen hatte ich schon 2018 mehrfach an die Bundestagsabgeordneten und die Presse geschickt; es erfolgte aber keinerlei Reaktion – noch nicht einmal von der Monatszeitschrift “Haus & Grund”. Die nachfolgenden Berechnungen basieren auf Baden-Württemberg, wo der GeSt-Satz 5 Prozent beträgt, sie können aber leicht auf Thüringen übertragen werden, wo mit 6,5 Prozent GeSt nochmals deutlich höhere Beträge galten, wodurch die Baupreise teurer wurden (durch die vorgestern beschlossene Änderung gelten die 5 Prozent künftig auch in Thüringen).

Modernes Raubrittertum

Vorab dies: Die GeSt ist ein Etikettenschwindel übelster Art, eine eierlegende Wollmilchsau. Nehmen wir an, ein Ehepaar kauft ein Grundstück für 200.000 Euro und baut ein Haus mit einer Mietwohnung darauf für 300.000 Euro. Dabei fallen also 10.000 Euro GeSt an, und in der Bauleistung (netto 252.100 Euro) sind rund 47.900 Euro Mehrwertsteuer enthalten. Zusammen zahlt das Paar also 57.900 Euro an Steuern. Nehmen wir an, dass sich das Paar trennt, kurz nachdem das Haus fertig ist (weil die Ehe die Strapazen des Hausbaus nicht überstanden hat). Das Haus muss verkauft werden; nun gibt es aber außer dem Fiskus keinen lachenden Dritten: Denn die Käufer müssen jetzt auf die gesamten bisherigen Gestehungskosten von 510.000 Euro (Bodenpreis, GeSt und Baukosten) eine GeSt von 25.500 Euro entrichten – obwohl der Baugrund einst „nur“ 200.000 Euro kostete. Das Hausgrundstück im Wert von eigentlich nur 500.000 Euro kostet die steuerpflichtigen Käufer nun also 535.500 Euro – und zwar deshalb, weil auch auf die Immobilie, nicht nur auf den Anteil des Grund und Bodens die GeSt anfällt.

Besonders raffgierig ist der Staat, weil sogar auf die früher schon an den Fiskus abgeführte Mehrwertsteuer, welche die Baukosten ja um 19 Prozent erhöht hatte, nochmals GeSt erhoben wird. Nicht nur nebenbei: Wenn sich in solchen Immobilien auch noch Mietwohnungen befinden, erhöht das zwangsläufig auch die Mieten. Die GeSt ist also zu einer Immobilienerwerbssteuer mutiert – ein Fall von modernem Raubrittertum. Im obigen Fall kassiert der Fiskus innerhalb eines Zeitraums von vielleicht drei Jahren 57.900 Euro Steuern vom Erbauer, plus 25.500 Euro vom Erwerber. Das sind in dem Beispiel also 83.400 Euro Steuern – und das, ohne irgendeine Gegenleistung zu erbringen oder einen Finger krumm zu machen. Dazu kommen noch die Zusatzkosten der Grundbucheinträge und die Notarkosten, bei denen der Staat nochmals die Mehrwertsteuer absahnt. Ich problematisiere diese “Mehrfachabzocke” gegenüber der Politik seit Jahren – ohne erkennbaren Erfolg.

Es brennt in den Altparteien selbst

Den Übeltätern in Berlin und den Ländern fällt nichts Besseres ein, als noch mit dem Finger auf die Folgen und die Opfer zu zeigen: Sie prangern den von ihnen auch aus diesem Grund mitverschuldeten Anstieg der Immobilienpreise (derzeit durch die Folgen des Heizungsgesetzes vorübergehend gebremst) und die Mietsteigerungen (durch die Migrationsentwicklung weiter steil steigend) an – nach dem Motto “Haltet den Dieb”. Mit Steuergerechtigkeit und Steuermoral des Gesetzgebers hat das nichts mehr zu tun. Vielmehr ist auch dies einer der vielen Gründe für die “Mietpreisexplosion”. Auf den verhängnisvollen Mechanismus als Folge des GeSt habe ich bereits 2018 in meinen Schreiben an die die erwähnten Adressaten aufmerksam gemacht. – Derzeit wechseln viele Immobilien den Besitzer – doch wann werden endlich die Regierungen ausgewechselt? Langsam sind die Wähler dabei, dieses Problem angehen zu wollen: Die Umfrageergebnisse sind für die herrschenden Parteien beängstigend. Doch statt ihre Politik zu ändern – die hier untersuchte GeSt ist da nur ein Beispiel – wird eine „Brandmauer“ errichtet. Nicht, um “Nazis” zu stoppen – sondern um Mehrheiten für einen Politikwechsel zu verhindern. Dabei brennt es in den Altparteien selbst, welche diese Mauer errichten; deren Häuser sind es, die in Flammen stehen – nicht das Nachbarhaus.

Aber auch der Aufsteiger, die AfD, schwächelt programmatisch. Warum fordert er nicht sachgerecht, dass jeder Steuerbürger nur einmal im Leben GeSt zahlen muss? So wenig, wie unsere Erde Grund und Boden vermehren kann, sollte auch der Gesetzgeber die GeSt nicht auf wundersame Weise zu vermehren suchen. Vielen Menschen fiele es ohne diese gierige Besteuerung leichter, sich von zu großen Wohnungen zu trennen, sobald die eigenen Kinder aus dem Haus sind, um sie für jüngere Familien mit Kindern freizumachen, und sich selbst GeSt-frei eine kleinere Wohnung zu kaufen. Die AfD kann einen solchen Antrag zwar nicht stellen, weil er dann schon aus Prinzip wieder abgelehnt würde; doch es müsste es eben eine andere Partei tun, die sich dann der Stimmen der “Blauen” gewiss sein kann. Aber wenn dann die AfD – siehe Thüringen – einen solchen Antrag unterstützt, überschlagen sich die Medien mit Vorwürfen, die „Brandmauer“ sei eingerissen worden. So entwickelt sich die Politik in diesem Land entwickelt zunehmend zu einem Irrenhaus.


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