Zerstörte Pipeline - Symbolfoto: KateStudio/Shutterstock

Nordstream: Verfluchte Saboteur:innen – wir kriegen euch!

Wir schreiben den 7. Februar 2022. Noch zwei Wochen bis zum russischen Eingreifen in der Ukraine. Im Beisein des GröKaZ verkündet Joe Biden bei einer Pressekonferenz, daß Nordstream ein Ende finden wird, wenn die Russen die Grenze zur Ukraine überschreiten. Der GröKaZ tut mimisch so, als habe er nicht verstanden, was da gerade verkündet worden war und macht ein betröpfeltes Gesicht. Am 26. September rummst es in der Ostsee. Die Gas-Pipeline war gesprengt worden. Die Ermittlungen dazu sind nun in Deutschland gelandet.

von Max Erdinger

Kann sich noch jemand an die “Froop”-Werbung von Müllermilch aus dem Jahr 2008 erinnern? Die mit dem “Fruchtalarm” und der kleinen blonden Lügenbratze, die Mamas “Froop” aus dem Kühlschrank geklaut und wegschnabuliert hat, und nur, um es auf Nachfrage der Mama dreist zu leugnen? Mama erkennt die Lüge zwar, reagiert aber mit einem nachsichtigen, liebevollen Lächeln, anstatt ihren Erziehungspflichten nachzukommen. So ungefähr muß man sich das mit der Nordstream-Gaspipeline (Froop-Gas), den Deutschen (die Mama) und den Amis (Lügenbratze) vorstellen. Hast du meine Gaspipeline gesprengt? – Nöööö!

Froop
“Nöööö!” – Screenshot “Stern”

Einer der meistgelesenen Artikel des Jahres 2023 war bei “Cicero” der über Seymour Hersh und die Nordstreamsprengung. Seymour Myron Hersh ist nicht irgendwer, sondern der “1937 in Chicago geborenen Top-Journalist”, der “mit seinen Essays, Reportagen und Büchern, wie es dann immer so schön heißt, nicht nur Geschichte(n) geschrieben” hat, wie “Cicero” anmerkte. Er sei selbst Geschichte geworden. Hersh habe zum israelischen Atomwaffenprogramm recherchiert und zum Golfkriegssyndrom geschrieben. Bis heute wirklich legendär aber seien seine Recherchen zum Massaker im vietnamesischen My Lai, die zusammen mit den unvergesslichen Fotos von Nick Ut den Anfang vom Ende des amerikanischen Abenteuers in Indochina markiert hätten. Gegen diese Nachrichten habe selbst ein harter Hund wie Richard Nixon damals nicht mehr anregieren können. Es gebe wohl kaum eine Schweinerei in der zweiten Hälfte des einst von Henry Luce so hoch gelobten “amerikanischen Jahrhunderts”, der Hersh nicht irgendwann auf die Schliche gekommen sei.

Dieser Seymour Hersh, der also nicht irgendwer ist im investigativen Journalismus, sondern mit den Watergate-Enthüllern Woodward und Bernstein (“All The President’s Men”) in einem Atemzug genannt werden muß, hatte im Februar 2023 in seiner Enthüllungs-Story “How America Took Out The Nordstream-Pipeline” haarklein erzählt, wie die Nordstram-Pipeline gesprengt wurde und wer es gewesen ist. “Im vergangenen Juni platzierten Taucher der Marine, die unter dem Deckmantel einer breit publizierten Nato-Hochsommerübung namens BALTOPS 22 operierten, den ferngezündeten Sprengstoff, der drei Monate später drei der vier Nord-Stream-Pipelines zerstörte, so eine Quelle mit direkter Kenntnis der operativen Planung”, zitiert Ralf Hanselle die Journalismuslegende im “Cicero”.

Fest steht, daß Hersh auf jeden Fall schneller mit Ermittlungsergebnissen aufwarten konnte als der deutsche Justizminister Marco Buschmann. Der hatte Monate vorher schon großspurig verkündet, “wir” würden die Saboteure “jagen”. Ein Lied! – “Der Buschmann aus Kurpfalz, der reitet durch den grünen Wald und jagt recht wild daher, gleich wie es ihm gefällt. Juja, Juja, gar lustig ist die Jägerei allhier auf grüner Heid …”

Buschmann Jaeger
Justizminister Buschmann Anfang Oktober 2022 – Screenshot Facebook

Februar 2024

Recht fleißig Saboteure gejagt hatten freilich die Schweden, nicht der Buschmann aus Kurpfalz. So recht herausrücken damit, was sie bei der Jagd alles erlegt hatten, wollten die Schweden allerdings nicht. So viel ist aber bekannt geworden: Die Pipeline ist tatsächlich gesprengt worden. Es wurde eine nicht explodierte Mine gefunden und ein Taucherstiefel. Eine der vier Pipelineröhren ist auch noch unbeschädigt und könnte wieder in Betrieb genommen werden. Nachdem aber nun feststünde, daß Schweden mit der Sprengung nichts zu tun gehabt habe und weil die Veröffentlichung sonstiger Ermittlungsergebnisse nicht im nationalen Interesse Schwedens sei, sind die Ermittlungen abgeschlossen worden – und der Ermittlungsball wurde nach Deutschland weitergespielt.

Jetzt sind die Deutschen dafür zuständig, aufzuklären, wer ihnen sprengkräftig das Wirtschaftsleben zur Hölle gemacht hat. Im Geiste sieht man den Buschmann aus Kurpfalz schon wie von Furien gehetzt durch den grünen Wald jagen, wilde Verwünschungen ausstoßend dabei: “Verfluchte Saboteur:innen, wir kriegen euch!”. Das sind ganz schwierige Ermittlungen, die da bei der buschmännischen Jagd auf die Saboteure anstehen, weil: Die Amerikaner waren es ja nicht. – Nööö! Oder: Nein-nein-nein, die lieben Amerikaner waren das auf gar keinen Fall, weil das äußerst unbequem wäre. Die sind unsere Verbündeten & Partner, regelrechte Freunde auch, allein schon wegen der “westlichen Werte”, die uns ins Erbgut eingraviert sind wie – nach dessen eigener Auskunft – der Sozialismus in die Knochen von Mussolini. Wenn jemals herauskäme, daß sie es doch gewesen sind – herrjemineh, herrjemineh! Nicht auszudenken! Und wenn dann noch herauskäme, daß der Kanzler und ein paar seiner engsten Eingehörnten .. äh … Eingeweihten so wenig überrascht waren, wie das Eingreifen der Russen in der Ukraine wegen des fehlenden Überraschungsmoments ein Überfall gewesen ist, dann müsste die bumsdeutsche Kacke ganz schnell am Dampfen sein. Könnte das in Berlin irgendwer wollen? – Nein. Und wenn es dort niemand will, könnte es dann bei den ganz unglaublich deutschen Qualitätsmedien des transatlantischen Mediennetzwerks jemand wollen? – Auch nein.

Günstig wäre natürlich schon, wenn man dennoch irgendwelche Ermittlungsergbnisse präsentieren könnte, vermittels welcher sich dann ein “Narrativ” installieren läßt. Ein anonymer Experte für Narrative und eigenkonstruierte Realitäten aller Art hatte bereits folgenden Vorschlag für ein plausibles Ermittlungsergebnis: Bei einem Geheimtreffen der rechtsextremen Ostsee-Gashaie wurde verabredet, die Pipelines durchzubeißen und es so zu machen, daß es hernach aussieht, als sei die Pipeline von Amerikanern gesprengt worden. Der dumme Hersh ist darauf hereingefallen. Die deutschen Ermittler waren aber schlauer als der dumme Hersh und hatten ein “Fisherman’s Friend” als Informanten, so daß diese ärgerliche Pipelinesprengung nun ein für allemal aufgeklärt ist.

Meine Prognose jedoch: Selbst in 500 Jahren noch wird man Buschmanns Geist in klaren Vollmondnächten durch den grünen Wald jagen sehen und gar schauerlich wird es aus dem finsteren Thann herausraunen: Verfluchte Saboteur:innen, wir kriegen euch!

P.S.: Heute 24 Uhr: Premiere des Carlson-Interviews mit Wladimir Putin bei TuckerCarlson.com. Mit einer deutschen Übersetzung dürfte ab Freitag zu rechnen sein. Ich bleibe am Ball.

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