Pflanze des Untergangs - Foto: Imago

The Cannabis Conservative: Die Pflanze des Untergangs

Schlechte Nachrichten für konservative Bedenkenträger: Cannabis ist ab Ostern legal. Oh je. Nun dürft ihr nicht mehr so einfach bleiben lassen, was ihr nie tun wolltet: Jetzt müsst ihr kiffen. Schade um euren brillanten Verstand. Die Trauerrede.

von Max Erdinger

Osterhase 2024
Osterhase 2024 – Screenshot Facebook

Die Ampelkoalition hat nun tatsächlich ein schier wahnsinniges Gesetz durchgebracht. Ich weiß gar nicht, wie man es eigentlich nennen soll. Cannabislegalisierungsgesetz, vielleicht? Jedenfalls ist es total ausgefeilt und ab dem 1. April wird es gelten. Gott bewahre, daß jemand Cannabis einfach sang- und klanglos aus dem Betäubungsmittelgesetz gestrichen hätte. Das geht nicht. Nicht in Deutschland. In Deutschland muß ganz genau geregelt sein, wer zu welchen Uhrzeiten in welchem Abstand wozu genau was genau tun darf und was nicht. Wozu hätten “wir” schließlich eine weltberühmte Bürokratie? Die kann schon mal zeigen, was sie draufhat. Weil “wir” ja auch ein bißchen stolz sein wollen auf unsere tüchtige Bürokratie. Nichts Schlimmeres gibt es, als staatlich Ungeregeltes. Weil: Der mündige Bürger wird unter der Last seiner Entscheidngsfreiheit zusammenbrechen. Erstrecht, wenn er sich falsch frei entschieden hat.

Ein ob seiner Weitsicht seit langem sehr geschätzter Kollege, ein wahres Vorbild, lieferte völlig unbekifft und total nüchtern schon einmal eine patriotische Schreckensprognose vor lauter Besorgnis ums geliebte Vaterland. Sinngemäß prophezeite er, daß nach Ostern 84 Millionen Menschen in Deutschland rotäugig wie die Zombies durch die Gegend wanken werden, weil sie als Geisteswesen durch eine Legalisierung vernichtet wurden, gegen die es keine Gegenwehr mehr gab. Da geht sie dahin, die ganze Weisheit von Frau Faeser, Frau Lang und Frau Baerbock. Alle müssen kiffen. Ab Ostern. Alle, alle, alle – und die ganze Zeit. Ja, so furchtbar wird’s werden. Da brauchen “wir” uns gar keine Illusionen mehr zu machen. Wir sind Konservative. Wir kennen uns aus. Wenn Deutschland den Bach gar runtergeht, dann wegen der unpatriotischen Cannabislegalisierung.

Gut, die Niederländer haben das schon seit über vierzig Jahren locker gesehen. Die haben aber auch keine schönen Mittelgebirge, die man vor den Bekifften schützen müsste. Sogar die Amerikaner – und das will etwas heißen – haben Bundesstaaten, in denen vor Jahren bereits Cannabis legal geworden ist. Vorher gab es dort dreimal Todesstrafe plus fünfmal lebenslänglich selbst für den Besitz kleinster Mengen Cannabis. Und? Wie sehen sie jetzt aus, die Niederländer und die Amerikaner? Körperliche und psychische Wracks allerorten? – Nein. Aber das muß nichts heißen. Niederländer und Amerikaner sind schließlich keine Menschen in Deutschland. Und die Amerikaner, die wirklich schlecht aussehen, schauen eher wegen Fentanyl schlecht aus. Für die wäre Cannabis wahrscheinlich das, was für einen Säufer ein alkoholfreies Bier ist: Nicht der Rede wert.

Aber in Deutschland? Ist es nicht furchtbar? Sein ganzes deutsches Patriotenleben lang war man gesetzlich dagegen geschützt, etwas zu tun, das man sowieso nicht tun wollte – und ab Ostern 2024 auf einmal nicht mehr. Wie soll der Konservatismus da noch überleben? Kann ein Gelegenheitskiffer überhaupt Patriot sein mit seinen roten Augen? – Wohl kaum. Der Patriot ist regelmäßig der Nüchternste von allen. Auf Weinfesten erkennt man ihn am stillen Mineralwasser, das er voller Lebensfreude in sich hineinkippt als gäbe es kein Morgen.

Die Schutzbedürftigen

Na gut, der großartige Herbert von Karajan – der Herr hab’ ihn selig – hat gern einmal einen Spliff geraucht, ehe er als Maestro ans Dirigentenpult getreten ist. Der war aber auch schon erwachsen und hatte für Salzburg eine Ausnahmegenehmigung, mit welcher er auf der Busspur an den Schutzbedürftigen vorbeifahren durfte in seinem Porsche. Damit er nicht so lange mitten unter den Schutzbedürftigen im Stau stehen mußte, wahrscheinlich. Weil sie ihm womöglich das Dirigentenherz gebrochen hätten.

Unverantwortlich ist es jedoch in der Tat, all jenen labilen Kinderleins und Jugendlichen das fiese Betäubungsgras hinterherzuwerfen, die sich auf ihre Geschlechtsfindung konzentrieren müssen während sie voller Todesangst vor dem menschengemachten Klimawandel pessimistisch vor sich hinvegetieren, festgeklebt auf dem Asphalt. Die finden sich ja gar nicht mehr zurecht, wenn sie jetzt auch noch kiffen müssen wegen der Legalisierung von diesem vermaledeiten Teufelszeug, welches der unverantwortliche Herr einfach so in seiner schönen Natur hat wachsen lassen, um die Krone seiner Schöpfung schwerster Versuchung auszusetzen. Weil ein Apfelbaum nicht ausgereicht hat.

Die Flucht vor der Cannabissucht

Zwar ist nicht bekannt, daß Cannabis zu körperlicher Abhängigkeit führt – anders als der Alkohol – aber das muß hinsichtlich der Gefährlichkeit des Teufelskrauts nichts heißen. Es sind einzelne Fälle bei labilen Charakteren beobachtet worden, in denen es zu einer psychischen Abhängigkeit kam. Psychisch! Die Psyche, der Psychiater, der Psychologe, der Psycho – und seltene Einzelfälle! Jeder Psycho-Einzelfall einer zu viel in einem Volk, das ohne Cannabis durch die Bank total sauber in der Birne ist. Ja, ist es doch, oder nicht?

Der Experte weiß aber, wie man sich in der fürchterlichen Legalität vor der Verfolgung durch hinterlistige Hanfpflanzen schützt: Man säuft sich unter den Tisch. Am besten mit Kirschwasser, Obstler oder Zwetschger. Selbstgezogene Cannabispflanzen werden bis zu zwei Meter groß oder noch größer. Aber sie können sich nicht bücken. Deswegen entdecken sie einen Cannabisflüchtling auch nicht, der sich auf der Flucht vor der Legalisierung unter den Tisch gesoffen hat. Ja-ha! Zwar fahnden sie nach ihm , um ihm rote Augen zu machen, aber sie können ihn nicht finden. Weil er in einer Kotzlache rotzbesoffen unter dem Tisch in Sicherheit liegt. So und nicht anders schlägt man der Cannabislegalisierung ein konservatives Patriotenschnippchen!

Das Cannabisverbot hätte unbedingt beibehalten werden müssen, schon um das Weltklima zu retten. Während der konservative Patriot nach einem Fetzenrausch noch am nächsten Tag kein Auto fahren kann wegen des Restalkohols in seinem Blut, ist der verantwortungslose Kiffer wenige Stunden nach einem Joint wieder so fit, daß er ohne Kopfschmerzen mit seinem frevelhaften CO2-Ausstoß beginnen kann. Und dann legalisiert diese vermaledeite Ampelkoaliton das auch noch!? – Ha, was für bigotte Heuchler! Heizungsgesetz, Wärmepumpen-Pi-Pa-Po, Elektroautos, Steuergesetze, hunderttausend Geschlechter, Demographie, Windkraft und Solarenergie, Feminismus und Genderismus, fiese Russen, verbotene und erlaubte Wörter, Hass & Hetze, Delegitimierung des Staates, Krieg & Taurus und so weiter – über alles das hätte man ja noch einen demokratischen Diskurs führen können, einen löblichen, damit sich alles in Wohlgefallen auflöst. Aber Cannabis? – Das ist Deutschlands Untergang. Absolut. Jetzt muß man als konservativer Patriot auch noch total bekifft neben Völkermördern und Kriegsverbrechern ständen. Nur wegen dieser abgefeimten Legalisierung. Als ob es nicht schon ausgereicht hätte, nüchtern oder besoffen, auf jeden Fall aber schief neben sich selbst zu ständen, während man neben Völkermördern und Kriegsverbrechern ständete. O tempora, o mores!

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