Immer dann, wenn der Papiertiger FDP mal einen halbwegs vernünftigen Vorschlag macht, kommen die Linken und Grünen daher und treten das in die Biotonne:
Juso-Chef Philipp Türmer zum Beispiel fordert jetzt von seiner Partei eine schärfere Auseinandersetzung mit der FDP. „Die Gangart ihr gegenüber muss härter werden – das sind wir insbesondere jungen Menschen schuldig“, sagte Türmer dem „Stern“.
„Sie ist gegen eine angemessene Anpassung der Mindestlöhne, blockiert bereits vereinbarte Maßnahmen zur Senkung der Mieten – und am meisten schadet unserer Generation das krampfhafte Festhalten Lindners an der Schuldenbremse.“ Anstatt in Infrastruktur, Daseinsvorsorge und klimafreundliches Wirtschaftswachstum zu investieren, halte die FDP „gegen jede ökonomische Vernunft“ an der Schuldenbremse fest, so Türmer.
Die „neoliberale Politik“ der FDP sei genau das Falsche in der aktuellen Situation und verschärfe die soziale und wirtschaftliche Krise. Mit einem solchen Kurs würde man den Rechtspopulisten nur noch mehr Wählern „in die Arme treiben“, hielt der Chef der SPD-Nachwuchsorganisation den Liberalen vor. „Der 12-Punkte-Plan hat deshalb richtigerweise auch keinerlei Aussicht darauf, in der Ampel umgesetzt zu werden.“
Die FDP will an diesem Wochenende zu ihrem zweitägigen Bundesparteitag in Berlin zusammenkommen. Dort sollen auch 12 Forderungen des Bundespräsidiums zur „Beschleunigung der Wirtschaftswende“ beraten werden. Die Vorschläge stoßen insbesondere in der SPD auf Widerstand.
Vor dem FDP-Parteitag hat auch SPD-Chefin Saskia Esken die Liberalen davor gewarnt, Zweifel am Bestand der Ampelkoalition zu nähren. „Angesichts der gegenwärtigen internationalen Krisen widerspräche es staatspolitischer Verantwortung, die deutsche Position zu schwächen, indem man die Koalition infrage stellt“, sagte Esken dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben) auf die Frage nach der Positionierung der FDP.
„Wir haben noch einiges gemeinsam vor. Und man darf bei allen Differenzen nicht vergessen: Vieles wird ohne jeden Streit beschlossen und umgesetzt.“ Man habe „diese Koalition mit viel Mut geschlossen – und auch aus staatspolitischer Verantwortung“, so Esken. „Die Idee war, dass sehr unterschiedliche Partner das Land genau dadurch voranbringen können, dass sie ihre unterschiedlichen Ideen zusammenfügen.“
Die FDP kommt am Samstag zu einem zweitägigen Bundesparteitag zusammen. Liberale Spitzenpolitiker hatten immer wieder Distanz zur Ampelkoalition erkennen lassen.
Aber selbst Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat seine Partei ermahnt, nicht mit einem Ausstieg aus der Ampelkoalition zu liebäugeln. „Ich kann nur davor warnen, in einer komplexen Gesellschaft immer weiter zu vereinfachen nach dem Motto: Die Ampel ist blöd“, sagte Wissing der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS).
„Was sollte denn in anderen Koalitionen grundsätzlich besser sein? Bei Jamaika müsste ein CDU-Kanzler viel mehr Rücksicht auf die Grünen nehmen. Und wer sich an Schwarz-Gelb vor 2013 erinnert, der weiß: Auch mit der CDU allein ist es nicht konfliktfrei“, erklärte er.
Die Wähler hätten der Politik den Auftrag gegeben, lagerübergreifend zusammenzuarbeiten, so Wissing. „Dann sollten wir aufhören zu diskutieren, ob der Souverän richtig entschieden hat, sondern den Auftrag annehmen, eine Art Clearingstelle für gesellschaftliche Konflikte zu sein.“ Eine Demokratie lebe vom mehrheitsfähigen Kompromiss.
Zugleich wandte sich Wissing gegen den Eindruck, dass die FDP mit den geplanten Wirtschaftswende-Beschlüssen auf ihrem Parteitag an diesem Wochenende womöglich einen Ausstieg aus der Koalition vorbereite. „Das ist der Parteitag der FDP, nicht der Ampel“, erklärte der Minister. „Wir beschließen das, was wir als Partei der Sozialen Marktwirtschaft für die Gesellschaft für richtig halten.“ Das sei auch ein Beitrag, unzufriedene Wähler zurückzugewinnen, bevor sie aus Protest die Ränder stärkten. „SPD und Grüne stellen als Partei auch Forderungen auf, die sie nicht im Voraus mit uns abstimmen.“
Die Führungsgremien der FDP hatten am vorigen Montag einen Antrag beschlossen, der zur Ankurbelung der Wirtschaft unter anderem Einschnitte im Sozialen fordert, und damit teils heftige Kritik bei den Koalitionspartnern SPD und Grüne hervorgerufen. Wissing selbst hatte in einem Interview von einem Ende der Koaliton gesprochen, allerdings nur für den hypothetischen Fall, dass SPD und Grüne gemeinsam mit den oppositionellen Unionsparteien und unter Umgehung der FDP eine Aufweichung der Schuldenbremse beschließen sollten.
Für die FDP geht es ums Überleben und genau deshalb wird sie letztendlich auch wieder vor den Grünen und Linken kuschen. Und erst 2025 endgültig, aber hoch verdient untergehen – wenn sie nicht künstlich auf 5 Prozent hochgedreht wird. (Mit Material von dts)