Joschka Fischer am 10.01.2020 bei den Feierlichkeiten anläßlich der Gründung der Grünen vor vierzig Jahren - Foto: Imago

Das Geschwätz: Joschka Fischer im Interview

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Der Altgrüne und ehemalige Außenminister Joschka Fischer (75) gab in der „Augsburger Allgemeinen“ seine Weltsicht zum Besten. Oder war es das, wovon er glaubt, daß es ihn persönlich schmückt, wenn er behauptet, es sei seine Weltsicht? Der Mann steht mit der Realität so sehr auf Kriegsfuß wie eh und je. Die Medienkritik.

von Max Erdinger

Das Interview mit Joschka Fischer in der „Augsburger Allgemeinen“ ist insofern aufschlußreich, als daß Joschka Fischer, sollte man meinen, mit seinen wahren Ansichten nicht mehr hinter dem Berg halten müsste. Mit 75 Jahren dürfte er seine persönlichen Schäfchen allesamt im Trockenen haben. Aber es sieht ganz danach aus, als meine er ernst, was er im Interview zum Besten gegeben hat. Das ist insgesamt indiskutabel. Schon die Schlagzeile: „Wir können nicht nur auf das Gute im Menschen vertrauen, das funktioniert nicht.“, entlockt einem nur ein erstauntes „Ach?“, begleitet von der quälenden Ungewißheit, wann ihn wohl diese Erkenntnis gestreift hat. Es wird doch hoffentlich nicht erst kürzlich passiert sein? Meinereiner hat noch nie an das Gute in Joschka Fischer geglaubt und hätte insofern einen jahrelangen Vorsprung.

Die entlarvendsten Passagen

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Wird öfter zärtlich getätschelt als geschlagen: Joschka Fischer – Foto: Imago

Artig interviewt wurde Fischer von Margit Hufnagel und Peter Müller. Sie wollten als erstes gleich einmal wissen: „Herr Fischer, in dieser Woche wurde das amerikanische Wahljahr mit den Vorwahlen in Iowa offiziell eingeläutet. Donald Trump hat deutlicher gewonnen, als es viele vorhergesagt hatten, und damit einen ersten Schritt in Richtung Weißes Haus getan. Worauf müssen wir Deutsche uns einstellen?“

Der wirkliche Fischer: „Mich überrascht der Triumph von Trump nicht wirklich.“ – ja, da schau. Nicht wirklich? Wie überrascht ihn Trumps Triumph denn dann? Unwirklich? – Fischer weiter: „Wer geglaubt hat, dass es am Ende doch anders ausgehen und schon nicht so schlimm wird, bei dem war viel Wunschdenken im Spiel. Doch, es wird so schlimm! Und wir haben uns nicht darauf vorbereitet.“ – Na geh, wer könnte denn geglaubt haben, daß es für Trump etwas anderes als einen Triumph geben könnte? So jemand müsste doch auch geglaubt haben, daß man mit dem Lastenrad ein Formel 1-Rennen gewinnt, oder nicht? Da sagt meinereiner nur noch: Wir können nicht nur auf die Rundenzeiten des Lastenrades vertrauen, das funktioniert nicht. Und dann diese Fehleinschätzung“ Es wird nicht schlimm werden, wenn Trump erneut US-Präsident werden sollte. Es wird unterhaltsam werden, weil Trump endlich das versiffte Transatlantik-Biotop säubern wird, in dem der alte Joschka Fischer sich sein Leben lang getummelt hat wie der glitschige Fisch im Brackwasser. Daß sich seine Mitglitschfische vielleicht nicht auf einen Trump-Sieg vorbereitet haben, kann stimmen. Aber falsch ist, daß die und ich gemeinsam „wir“ wären. Ich bin darauf vorbereitet, daß Donald Trump erneut US-Präsident werden wird. Genauer: Ich kann es kaum noch erwarten.

Hufnagel und Müller neugierig: „Worauf müssen wir uns genau vorbereiten? Was würde Trumps Wiederwahl für uns bedeuten?“ – daß die nicht darauf kommen, wie dämlich sie dadurch wirken, daß sie erst noch fragen müssen? Und dann fragen sie auch noch den Fischer? – Es ist bodenlos.

Der Bescheidwisserfisccher kennt zum Glück die Antwort und ist sich nicht zu schade, die Frau Hufnagel und den Herrn Müller an seiner Bescheidwisserei teilhaben zu lassen. Weil: Teilhabe ist schon geil in Deutschland. Fischer also: „Trump ist ein großer „Freund“ Deutschlands – das meine ich natürlich ironisch. Ich weiß nicht warum, aber uns „liebt“ er besonders.“ – worauf man natürlich und gänzlich unironisch antworten könnte, daß das nicht stimmt. Trump liebt nicht „uns“ ganz besonders, sondern solche wie Fischer. Dem gestatte ich aber kein „Wir“ oder ein „Uns“. Ich will mit dem so wenig zu tun haben wie Donald Trump. Die „Augsburger Allgemeine“ hätte ja auch mal Dr. Jordan Peterson oder Tucker Carlson interviewen können, um zu erfahren, weshalb Trump solche Typen wie Fischer ganz besonders ironisch „liebt“. Nein, nein, dieser altbackene „Wir“-Rhetorik-Trick, den Fischer hier zur Anwendung zu bringen versuchte, funktioniert bei meinemeienen und vielen anderen schon lange nicht mehr. Gänzlich unironisch: Trump und Putin sind sozusagen viel bessere Deutsche, als es ein Joschka Fischer in seiner Verachtung fürs eigene Vaterland je gewesen ist. Wladimir Putin liebt Deutschland sogar von ganzem Herzen und bedauert die Deutschen sehr dafür, daß sie seit Jahrzehnten mit Fischer und seinen transatlantischen Mitglitschfischen geschlagen sind.

Fischer weiter: „Wir müssen uns also sowohl wirtschaftlich als auch sicherheitspolitisch auf einiges gefasst machen.“ – nein, nicht „wir“, sondern er und die Seinen müssen. „Deshalb wird es Zeit, dass wir aufwachen und unserer Verantwortung gerecht werden.“ – zu spät für ihn und die Seinen im Ungeiste. Die brauchen nur noch auf die geschichtliche Abrechnung mit ihresgleichen zu warten. Und die wird bitter. Fischer: „Der wichtigste Beitrag, den Deutschland leisten kann, ist, dass wir unsere Sicherheit stärker in die eigenen Hände nehmen.“ – aha, ein zu leistender Beitrag zur Gefaßtmachung, also. Interessant. Fischer: „Das heißt: Wir müssen verstärkt aufrüsten. Ich hätte es mir im Leben nicht träumen lassen, dass ich mit 75 Jahren einmal einen solchen Satz sage. Aber die Welt hat sich geändert. Es ist kein Ausweis von Klugheit, an der eigenen Meinung festzuhalten, wenn sich die äußeren Bedingungen wandeln.“ – das könnte ihm so passen. Nein, nein, darauf fällt unsereiner nicht herein. Die Welt hat sich nämlich gar nicht geändert. Nur die Bedingungen, zu denen einer wie Fischer behaupten konnte, er sei Pazifist – die haben sich geändert. Pazifist zu sein, weil ein Anderer für die eigene Sicherheit sorgt, ist keine Kunst. Charakterstärke ist das ebenfalls nicht. Das ist allenfalls berechnend. Charakterstark wäre allerdings, Pazifist zu bleiben, wenn die Zeiten dafür ungünstig sind, dann also, wenn es darauf ankäme, einer zu bleiben. Es ist ein Drama. 75 Jahre ist er geworden, der Fischer, und er baut noch immer an seinem transatlantischen Wolkenkuckucksheim nach antideutscher Art, wobei er sich einredet, die Welt habe sich geändert. Falsch gelegen hat er die ganze Zeit. Das ist das ganze Malheur – und zugeben will er es nicht. Hätten den Mann zeit seines Lebens keine kulturmarxistischen Utopien geplagt, dann hätte er heute auch keine änderungsbedürftigen Meinungen. Dann hätte er sich längst aus dem Ruhestand gemeldet und die jahrelange Nato-Quadratsauerei in der Ukraine gegeißelt. Die war nämlich schon lange eine, bevor das mit „Putins unprovoziertem Angriffskrieg“ passiert ist. Wer den Frieden will, muß sich auf den Krieg vorbereiten. Und zwar in dem Sinn, daß er nicht angegriffen werden kann. Das ist ein Pazifist mit Wirkung. Weil er schon längst gewußt hätte, daß man auf das Gute im Menschen nicht vertrauen kann – und daß man den Frieden trotzdem braucht.

Hufnagel und Müller, von der überraschenden Ahnung schockiert: „Für Deutschland steht also viel auf dem Spiel?“ – man sieht, die denken mit!

Fischer: „Wir sind in einer Situation, in der wir sowohl wirtschaftlich, technologisch als auch sicherheitspolitisch ein riesiges Problem haben.“ – ja, ist es die Möglichkeit? Wie’s wohl kommt? – „Das billige russische Gas ist weg und kommt auch nicht wieder – trotz Sahra Wagenknecht.“ – neeeiiin, dieses russische Gas aber auch, das billige und entschlußfreudige. Es ist weg? Einfach so … äh … weg? Hat sich entschlossen, das Gas, oder wie? Und trotz Sahra Wagenknecht will es nicht zurückkommen? Dann kommt es für Ricarda Lang bestimmt erstrecht nicht wieder. Hach, wie schrecklich es aber auch ist. „Der große chinesische Exportmarkt hat sich von einer Chance in eine Bedrohung verwandelt.“ – tja, der chinesische Exportmarkt ist eben so entschlußfreudig wie das russische Gas. Froh muß man sein, daß Politiker nichts damit zu tun haben. Der chinesische Exportmarkt und das russische Wegbleibe-Gas, dieses billige Gasflittchen, sind eben politikerfeindliche Anarchisten. Fischer: „Und ob die amerikanische Sicherheitsgarantie in der Nato die Präsidentschaftswahlen übersteht, das wissen wir nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie das nicht übersteht, ist groß.“ – das ist schön. Also, daß auch der Fischer Zuversicht verströmen kann, wenn er will, das ist schön, meine ich. Nichts schöneres, als endlich diese transatlantische Pest loszuwerden. Es wird zwar nicht – aber es könnte – der unprovozierte Putin kommen, alles einsacken, was früher europäischer „Wertewesten“ gewesen ist; niemand könnte sich wehren; es würde kaum Blut fließen – und hernach wäre nichts schlechter als vorher. Eher besser. Es ist ja so: Wenn man Deutschland und Russland nebeneinander stellt, wüsste man ja heutigentags gar nicht mehr, wogegen man Deutschland noch verteidigen sollte, gell? Dagegen, daß es plötzlich wieder Entwicklungschancen hätte? Ah, geh …

Die Augsburger Nato-Puppenkiste: „Viele hatten gehofft, dass der Überfall des russischen Präsidenten auf die Ukraine uns sicherheitspolitisch erwachsen werden lässt. Ist das nicht geschehen?“ – ja hallo, was für ein Überfall? Ein Überfall ist etwas Überraschendes. Daß der Beginn der russischen SMO überraschend gekommen sei, kann nun wirklich niemand behaupten, der die Entwicklung dort seit dem Herbst 2021 beobachtet hatte. Da gab es Truppenverlegungen an die ukrainische Grenze en masse. Nein, nein, es war der „Wertewesten“, der diesen „Überfall“ auf gar keinen Fall verhindern wollte. Worüber hätte er sich denn hernach aufregen sollen? Er wollte sich doch aufregen. Es war so: Die Nato unter Führung der amerikanischen Falken hat jahrelang zielstrebig auf die Eskalation dieses Konflikts hingearbeitet; das läßt sich beweisen – und inzwischen wurde das ja auch zugegeben, bspw. von Nato-Generalsekretär Stoltenberg. Wenn die „Augsburger Allgemeine“ glaubt, sie könne ihren Lesern mit „Überfall“ kommen – und wenn ihr der transatlantische Glitschfisch-Fischer nicht in die Parade fährt, sondern den Ball einfach weiterspielt, dann ist schon wieder klar, wer hier am Schluß die Verarschten sein sollen: Die Leser der „Augsburger Allgemeinen“. Im Übrigen hat nicht der russische Präsident die Ukraine überfallen, sondern es sind russische Truppen in mäßiger Stärke dort einmarschiert, um das Meucheln der ethnischen Russen durch Artilleriebeschuß der ukrainischen Armee in der Ukraine zu unterbinden. Und über den Einmarsch hat auch nicht Putin allein entschieden, sondern über den war in der Duma abgestimmt worden.

Damit hat sich das Fischer-Interview in der „Augsburger Allgeminen“ hier auch erledigt. Wie gesagt: es wird unweigerlich eine historische Aufarbeitung der deutschen Jahre von 2005 bis heute erfolgen. Meinereiner wünscht Joschka Fischer derweil ein langes und gesundes Leben. Damit er später noch die Rechnung präsentiert bekommen kann für sein transatlantisches Bütteltum in der Verachtung für das eigene Land. Von wegen „wir“ und „uns“ …

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