Was ist eine demokratische Wahl? Wenn drei Wölfe und ein Schaf darüber abstimmen, was es zum Abendessen geben soll. Nach dem Abendessen erklären die Wölfe den übrigen Schafen, daß sie die Demokratie gerettet hätten und daß sie das dazu qualifiziere, auch weiterhin die Demokratie zu retten.
von Max Erdinger
Ganz Deutschland ächzt unter der Ampelkoalition. Drei Parteien, jede von einer Minderheit gewählt, schließen sich zusammen, um so eine Mehrheit zu konstruieren. Bald danach steht fest, daß sie die gar nicht hätten, wenn nächsten Sonntag Wahlsonntag wäre. Mit der berüchtigten Sonntagsfrage finden das Demoskopen heraus. Aber zu spät: Die nächste Wahl ist erst wieder in zwei oder drei Jahren. Das heißt: Zwei oder drei Jahre lang bestimmen die Wölfe, was es zum Abendessen gibt. Die halten das natürlich für klasse.Außerdem halten sie sich eine Presse. Die wiederum erzählt den Schafen, daß alles demokratisch einwandfrei läuft und daß es sich bei den Wölfen um die Verteidiger der Demokratie handelt.
Also gut: Ganz so ist es natürlich nicht. In Wahrheit halten sich ganz andere, gänzlich ungewählte Oberwölfe die Presse. Das wurde für die Oberwölfe insofern recht einfach, als daß sich in den vergangenen Jahren weniger, dafür aber riesige Medienkonzerne herausgebildet haben. Zwar hat sich die Anzahl der Publikationen nicht verringert, aber die Eigentumsverhältnisse haben sich verändert. Es sind sehr wenige Medienkonzerne, die festlegen, was die Schafe später alles zu meinen und zu finden haben. Die einfachen Wölfe, die wolfsartigen Demokratie-Rettungssimulanten also, müssen tunlichst so reden, daß es zu dem paßt, was die Schafe brav alles meinen und finden. Weil sie sonst nicht gewählt werden. Die wolfsartigen Demokratie-Rettungssimulanten sind nämlich die einzigen, die gewählt werden müssen. Von den Oberwölfen, welche die Medienkonzerne kontrollieren, muß keiner gewählt werden. Die wolfsartigen Demokratie-Rettungssimulanten werden als “Schafsvertreter” bezeichnet, damit die Schafe denken, es gebe jemanden, der ihr Wohl im Sinn hat.
Erster Demokratie-Irrtum also: Die Volksvertreter machen – die Medien berichten hinterher. Richtig: Die Medien machen erst die Schafsmeinung – und die sogenannten Volksvertreter müssen dann erfassen, welche das ist, um gewählt zu werden. Nicht die Medien folgen der Politik, sondern die Politik folgt den Medien. Wer tatsächlich Volksvertreter sein will, hat es schwer, weil er die Medien und die Oberwölfe über die Medien gegen sich hat. Die AfD und die alternativen Medien können ein Lied davon singen.
Parteien wiederum sind die Einfallstore für die Oberwölfe. Dort wird entschieden, wer parteiintern Karriere als wolfsartiger Demokratie-Rettungssimulant machen darf. Nicht selten handelt es sich dabei um solche Amts-Aspiranten, die den finanzstarken Oberwölfen vorher zu verstehen gegeben haben, daß sie brav die Agenda umsetzen wollen, die ihnen von den Oberwölfen vorgegeben wird. Die solchen erhalten dann auch die Unterstützung der Konzernpresse.
Schlagzeilen
Wenn meinereiner seinen Browser öffnet, bekommt er auf der Startseite Leseempfehlungen präsentiert. Alternative Medien werden nie zur Lektüre empfohlen. Wenn man wissen will, welche Medien den Schafen die Hucke vollügen, muß man bei “Google” nur den Suchbegriff zu einem medial kolportierten Sachverhalt eingeben, und bekommt dann im wesentlichen immer dieselben Zeitungen zur Lektüre vorgeschlagen, egal, um welches Thema es geht. So sicher wie das Amen in der Kirche ist z.B., daß man zum Suchbegriff “Ukrainekrieg” nur solche Zeitungen zur Lektüre vorgeschlagen bekommt, die antirussisch berichten. Thema “Klimawandel”: Immer menschengemacht, dieser Klimawandel. Aber das alles ist im Grunde schon lange ein alter Hut für denjenigen, der sich dauernd damit beschäftigt.
Heute, dachte ich mir, übersetze ich einmal ein paar Schlagzeilen und Teaser.
“Pocket”: “Wie du mit fast allem aufhörst. Zucker, Social Media, Zigaretten oder Popeln. Schlechte Gewohnheiten oder Süchte bestimmen unser Sein. Hier findest …” – Bis auf Popeln sind das alles Dinge, die ich mag. Zucker im Kaffee, Social Media und Zigaretten. Allerdings bestimmen sie mein Sein nicht. Zugegeben, es ging auch gar nicht um meines, sondern um “unseres”. Mein Sein flüstert mir deshalb in mein Ohr: Leck mich am Arsch, Pocket. Für mein Sein brauche ich deine Klugscheißereien nicht. “Unser Sein” – ich glaube, dir brennt der Kittel.
“t-online”: “Nach Kritik an Interview. Tucker Carlson verteidigt Putin – ‘Führung erfordert Mord, sorry'” – Da hapert es schon an der Logik. Falsch ist es außerdem. Es stimmt einfach empirisch, daß “Volksvertretung” offenbar Mord erfordert. Der Mord wird eben nicht so bezeichnet. Es gibt zwar Krieg, aber kein Kriegsministerium. Die Kriegsministerien heißen überall Verteidigungsministerien. CIA und Mossad morden genauso wie der FSB oder der ukrainische SBU. Ausgerechnet in der Ukraine wird sogar eine öffentlich einsehbare Kill-Liste namens “Myrotsvorets” geduldet mit derzeit etwa 200.000 Ermordungskandidaten weltweit. Tucker Carlson zählt neuerdings dazu. Sowohl “t-online” als auch der “Wertewesten” isgesamt halten aber lieber das “wertewestliche” Schandmaul, wollen die Ukraine weiterhin unterstützen und faseln derweil etwas von Menschenrechten und Demokratierettung daher. Gonzalo Lira starb im Januar in ukrainischer Haft. Kein Thema für “t-online”. Assange sitzt seit neun Jahren ohne Prozess und Anklage im britischen Belmarsh ein. Ebenfalls kein Thema für “t-online”. Aaaber der Tucker Carlson! Und dreist ist es von “t-online”, zu insinuieren, Carlson habe behauptet, für Putin allein erfordere Führung auch Mord. Ein Blick in die USA und nach Israel reicht völlig aus, um zu erkennen, wer die mit Abstand größten Mörder sind. Carlson hat auch nicht Putin verteidigt, sondern die Tatsache, daß er ihn interviewt hat. Carlson verteidigte das Recht der Amerikaner und anderer, zu wissen, was Putin sagt. Wenn man davon absieht, daß Putin in diesem Interview die Menschheitsverbrechen der stalinistischen Sowjetunion unter den Tisch fallen lassen hat: Mit dem ganzen großen Rest hatte er überprüfbar recht. Wahr ist nur, daß das bei “t-online” kein Redakteur zugeben könnte, ohne sich dadurch existentiell ins eigene Knie zu schießen. Weshalb in aller Welt sollte irgendein Mensch von Verstand noch lesen, was “t-online” zum Besten gibt?
Als Demokrat sollten Sie eigentlich wissen, was im Busch ist. Schauen Sie mal nach, ob Sie bei ARD & ZDF, in der “Süddeutschen Zeitung”, beim “Spiegel”, der “Zeit” der “FAZ” oder irgendeiner der anderen Demokratie-Simulationspublikationen einen kritischen Artikel zur “Technical Guideline BSI-TR-03179-1” im Zusammenhang mit der Digitalwährung der Zentralbanken finden (Central Bank Digital Currency – CBDC). Vergessen Sie, daß Sie mit der CBDC auch künftig noch anonym kaufen werden, was immer Sie wollen. Es wird Betragsobergrenzen geben, bis zu denen Sie anonym kaufen können, wenn Sie eine anonyme, virtuelle Brieftasche haben. Sie werden aber auch eine personalisierte haben. Aus der können Sie zwar so viel entnehmen wie Ihr Kontostand hergibt, aber es wird genau dokumentiert werden, bei wem Sie was genau zu welchem Preis gekauft haben. Kein großes Thema, meinen Sie? Da haben Sie recht. Hier die wichtigen Themen, auf der Startseite meines Browsers zur Lektüre anempfohlen. AD-Magazin: “Mit diesem Pfannkuchen-Rezept wird aus einem guten ein sehr guter Pfannkuchen.” Utopia: “Selbsttest: Reicht einmal Duschen die Woche?” NZZ: “Bologna, die Fette – unterwegs im Bauch Italiens.” – Nicht von meinem Browser vorgeschlagen – das “Neue Blatt”: “Prinz Harry: Charles ist nicht sein Vater.”- Ach? Das soll der Demokrat lesen, während seine Volksvertreter die Demokratie retten? Es stimmt schon, daß die Ampelkoalition ein riesiges Problem ist. Aber ein noch viel riesigeres Problem ist ein System, in dem es überhaupt zu einer solchen Ampelkoalition kommen konnte.
Ganz wichtig, nie vergessen: Wir müssen, wir brauchen & wir dürfen nicht. Wegen des “gesellschaftlichen Zusamennhalts”. Und lassen Sie sich endlich einmal ein Zeichen setzen. Niemand hat es so nötig wie Sie, ein Zeichen gesetzt zu bekommen. Hören Sie endlich auf zu widersprechen.