Krah und Bystron: Warum ich Bauchschmerzen habe

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Europakandidaten Krah, Bystron: Schwerwiegende Anschuldigungen (Fotos:Imago)

Es ist mal wieder Zeit, sich unbeliebt zu machen. “Krah beispielsweise diagnostiziert unserem System einen krankhaften ‘Liberalismus im Endstadium’ (könnte eins zu eins von Linken stammen) und fiel gleichzeitig schon durch Marxismus-Relativierung auf. Auch seine China Connections sind mir nicht geheuer.” Das schrieb ich vor ein paar Wochen hier in einem Beitrag über Sellner, Krah und Schnellroda. Vorgestern kam dann die Meldung, dass einer von Krahs Mitarbeitern wegen Verdachts auf Spionage für China verhaftet wurde. Ich kann jetzt nicht sagen, dass mich die Meldung aus allen Wolken gerissen hätte und würde davor warnen, das Ganze vorschnell ins Reich der Fabeln zu verweisen. Die AfD-Fraktion selbst scheint diesmal auch deutlich besorgter zu sein, als es meine Wahrnehmung der Reaktionen in den sozialen Medien vermuten lassen würde.

Viele rollen nur noch mit den Augen“, sagt einer angesichts ständig neuer Skandale. „Unser Wahlkampf ist versaut“, sagt ein anderer. „Das war eine Katastrophe mit Ansage.“” – So zitiert die “Welt” einen Teil der Reaktionen nicht namentlich genannter Abgeordneter. Aber warum “Katastrophe mit Ansage”? Meine Skepsis damals stützte sich in erster Linie auf den ziemlich detaillierten “t-online”-Artikel vom Oktober letzten Jahres. Ja, gut, es war “t-online”… aber nicht alles, was ein Mainstream-Medium schreibt, ist automatisch unwahr und vieles wurde auch von Seiten Krahs gar nicht dementiert. Auch sein Mitarbeiter, der vorgestern verhaftet wurde, kam darin bereits vor. Über den Verhafteten sagte der damalige AfD-Politiker Nicolaus Fest schon vor längerer Zeit: „Niemand weiß, was er macht, niemand hat Kontakt mit ihm, niemand glaubt ernsthaft, dass er hier ist, um die Ziele der AfD voranzubringen.“ – Wenn das sogar von anderen AfDlern so empfunden wurde,  warum hat Krah diesen Typen dann angestellt? Und was hat er all die Tage getrieben?

Gute Gründe für Skepsis

Krah sagt ganz offen, er habe “Freunde” in China, und trat dort bei einem politischen Think Tank mit einem Vortrag auf. Glaube ich ernsthaft daran, dass man als Ausländer in China zu politischen Themen sprechen kann, wenn es der Kommunistischen Partei nicht passt oder sie es nicht irgendwie abnickt? Sorry, nicht eine Sekunde! Absolute red flag – hier im wahrsten Sinne des Wortes! Da brauche ich gar keinen Verfassungsschutz, der die Schirmherren der Veranstaltung mit chinesischen Geheimdiensten in Verbindung bringt (was er aber ja zusätzlich getan hat). Krah fällt auch in Interviews und im EU-Parlament gewohnheitsmäßig durch eine sehr freundliche Haltung gegenüber China auf, was auch andere AfD-Politiker bereits kritisiert haben. Natürlich will ich keine Außenpolitik à la Strack-Zimmermann, die mit Diplomatie rein gar nichts anfangen kann… aber es muss auch kein Gelutsche bei ausländischen Mächten mit unzweifelhaft unfreiheitlichen Prinzipien sein. Neutralität wäre schön, Begegnung auf Augenhöhe sicher auch – aber ich brauche keinen, der mir erklärt, dass KGB-Putin oder das politische China doch eigentlich gar nicht so verkehrt sind. Wer in Deutschland zu Recht eine Einschränkung der Meinungsfreiheit beklagt, macht sich in meinen Augen – sorry – zum Affen, wenn er dann Putin als jemanden beschreibt, “der wenigstens noch was für sein Volk tut” oder ähnliches. Ihr kennt den Sound.

Krah relativiert den Marxismus, kritisiert Konservative und den Liberalismus und stellt sich somit gegen das AfD-Grundsatzprogramm (“Wir sind Liberale und Konservative“, heißt es im ersten Satz der Präambel). Zusammengenommen reicht mir all das bereits, um skeptisch zu sein. Überrascht wäre ich hingegen gewesen, wenn die China-Vorwürfe zum Beispiel den libertären Peter Boehringer getroffen hätten; das hätte mich geschockt. Bei Krah – so leid es mir tut – passt es leider ins Bild (das natürlich dennoch falsch sein kann, na klar. Die Unschuldsvermutung gilt auch für ihn, und wir wissen ums die Macht der Kampagnen). Ich sage daher nicht, dass sich Krah irgendetwas zu Schulden hat kommen lassen; aber genauso wenig schließe ich dies aus. Seine Aussage, wonach er “überrascht” über die Verhaftung gewesen sei, finde ich äußerst dünn… da ich persönlich darüber eben überhaupt nicht überrascht bin und gewisse Vorwürfe ja schon länger im Raum standen. Da fällt es mir dann, sorry, schwer zu glauben, dass ein Mann wie Krah – Anwalt mit tatsächlicher jahrelanger Erfahrung im dreckigen Geschäft Politik – überrascht sein will, dass China solche Methoden nutzt.

Noch sechs Wochen bis zur EU-Wahl…

Auf der Hand liegt allerdings auch, dass der Zeitpunkt dieser Verhaftung reichlich seltsam erscheint, weil der Mitarbeiter den Behörden ja anscheinend lange als verdächtig galt, Krah nicht vor ihm gewarnt wurde und man ihn jetzt, wo es Richtung Wahl geht und offensichtlich wöchentlich neue Kampagnen gegen die AfD gestartet werden, hochgehen lässt. Das Problem dabei allerdings: Bloß weil etwas kampagnenartig zu einem verdächtig “günstigen” Zeitpunkt aufgezogen wird, muss die Geschichte noch nicht gelogen sein. Und wenn die Geschichte nicht gelogen wäre, dann ist das ein Problem – egal, ob es nun vor allem dem Wahlkampf gegen Rechts dient oder nicht.

Die AfD hat sich mit der Aufstellung von Krah, der ja parteiintern nicht unumstritten war, jedenfalls keinen Gefallen getan. Ich sehe mich darin bestätigt, ihn nicht zu wählen. Und wenn jemand wie ich ihn schon nicht wählen wird, der die letzten Jahre beileibe kein Feind der AfD war und sie verteidigt hat, wo es angebracht war, dann glaube ich kaum, dass er beim 08/15-Wähler besser ankommt. In den Umfragen lässt sich hier zumindest kein “Aiwanger-Effekt” feststellen, der ja massiv von der offensichtlich hanebüchenen Kampagne gegen sich – die praktisch jeder als solche durchschaut hatte – profitieren konnte. Zumal ich fest davon ausgehe, dass das noch nicht alles gewesen ist. Bis zur EU-Wahl sind es noch über sechs Wochen und man wird jetzt sicher nicht alle Munition auf einmal verschießen. So verwundert mich beispielsweise, wie ruhig der Mainstream ob Krahs Verbindungen zu Erik Ahrens und dessen Fokus auf genetische Veranlagung und “Biopolitik” ist. Ahrens möchte dem Thema ja sogar ein ganzes Buch widmen. Es würde mich nicht wundern, wenn dieses Thema demnächst, noch vor der Wahl, so richtig in den Vordergrund rückt. Vielleicht ja dann, wenn sich die “China-Connection” doch nicht zum Skandal eignen sollte.

Unnötige Eigentore

Jedenfalls ist es bitter, dass sich die AfD in aller Regelmäßigkeit selbst Eigentore reinlegt und man diese sogar förmlich kommen sehen kann. Ja, die Partei hat es schwer gegen den Mainstream, der alles gegen sie aufbläst und aufwendet; aber es sind auch viele Skandale dabei, wo die AfD selbst Angriffsfläche bietet und die Verdachtsmomente förmlich auf dem Präsentierteller serviert, und wo es dann halt dementsprechend schwer wird, diese zu relativieren, ohne an Glaubwürdigkeit einzubüßen. Beispielsweise las ich zu dem Thema gestern mehrfach sinngemäße Aussagen wie “man solle mal bei der SPD und Grünen nachschauen” und so weiter. Ja, das soll man auch, da bin ich auch voll dafür… aber dafür muss der eigene Hof halt auch rein sein. Und dafür möchte ich bei Krah nicht meine Hand ins Feuer legen.

Dasselbe gilt für Petr Bystron: Vielleicht erinnert sich der eine oder andere an den Fall des Journalisten Billy Six, der vor ein paar Jahren in Venezuela im Gefängnis saß und entlassen wurde, nachdem Bystrons Frau einen Anruf tätigte, dessen Nachricht über einen gemeinsamen Kontakt beim russischen Außenminister landete, welcher sich dem Thema auch annahm. Klar, das freute mich sehr für Six und es war so erbärmlich wie traurig, dass sich die deutsche Behörden nicht adäquat gekümmert haben… aber sagen wir’s mal so: Ich wüsste jetzt nicht, wen ich spontan anrufen sollte, damit meine Nachricht beim russischen Außenminister landet und der sich auch noch tatsächlich um die Sache kümmert. Die Wege waren da offensichtlich schon sehr kurz, da bestanden gute Beziehungen. Gewöhnlich ist das nicht. Oder sind meine Freunde im Gegensatz zu denen Bystrons einfach zu uncool? Sagt Ihr es mir. Auch das ist natürlich kein Beweis für ein Fehlverhalten; aber es reicht mir persönlich aus, um nicht blind meine Hand dafür ins Feuer zu legen, dass an diesen auffallend “guten Beziehungen” mit fragwürdigen Loyalitäten so überhaupt nichts drangegeben sein sollt. Wenn Ihr das ausschließen könnt… gut. Mir jedenfalls ist es zu heiß. Wir reden immer noch von der Spezies Politiker.

Persönliche Glaubwürdigkeit wichtiger als individuelle Befindlichkeiten

Sollten kurz vor den Wahlen tatsächlich Audioaufnahmen an die Oberfläche kommen, die ein Fehlverhalten Bystrons nahelegen (der Mainstream hat sich in diesem Punkt ja ziemlich aus dem Fenster gelehnt, so dass schwer vorstellbar ist, dass sie da nichts mehr aus dem Hut zaubern können), dann stünden die Leute, die das als bloße linke Hetze abtun wollten, bald mit runtergelassenen Hosen da und würden sich einiges an Glaubwürdigkeit zerschießen, die sie sich inhaltlich in den letzten Jahren schwer erkämpfen mussten. Das würde dem gesamten Anliegen schaden und wäre extrem schade. Wir haben zudem im Fall Strache gelernt, dass auch die Opposition nicht frei von krummen Geschichten ist (was Libertäre ohnehin wissen). Wenn ich den beiden, Krah und Bystron, damit Unrecht tue (was absolut möglich sein kann), werde ich mich auch an dieser Stelle dafür entschuldigen und dafür dann doppelt so hart auf einen abermals der Lüge überführten Medienmainstream verbal draufhauen; aber bis meine persönliche Skepsis hier nicht ausgeräumt ist, werde ich bei solchen Vorwürfen nicht so tun, als wären sie mir egal! Ich möchte nicht eine Woche vor der EU-Wahl nackt dastehen und möglicherweise erklären müssen, weshalb ich ständig die Machenschaften von Figuren wie Soros, Hal Harvey & Co. erwähne, dann aber bei chinesischer oder russischer Einflussnahme beide Augen zudrücke. Mir ist meine persönliche Glaubwürdigkeit bezogen auf das große Ganze wichtiger als die individuellen Befindlichkeiten zweier Kandidaten.

Ich bin libertär und kein Parteisoldat. Ich unterstütze Inhalte und Positionen, keine Einzelpersonen. Wenn mir etwas nicht schmeckt, sage ich das. Und Krahs Marxismus-Relativierung wie auch China-Nähe schmecken mir so gar nicht. Die AfD sollte sich auf liberal-konservative Inhalte ohne Personenkult (egal ob um Krah oder Höcke) konzentrieren und das Rumgeschleime bei anderen fragwürdigen Systemen unterlassen, in denen die Freiheitseinschränkungen der Bürger doch deutlich weiter gehen als die hiesigen. Vor allem für Vertreter einer Partei, die zu Recht die externe Einflussnahme von NGOs und Interessengruppen auf die Politik bemängeln und Deutschlands mangelnde Souveränität anprangern, ist doch schon der bloße Anschein solcher Abhängigkeiten von China oder Russland fatal. Was soll dieser Unsinn? Hört bitte endlich auf, dem Land zuliebe, mit diesem elendigen Anbiedern bei antifreiheitlichen Systemen! Glaubt es mir: Garantiert niemand von euch wäre lieber Oppositionspolitiker in Russland oder China als in Deutschland. Hier auch nur im Entferntesten etwas anderes zu suggerieren, diskreditiert – vollkommen unnötig – die eigenen nationalen Bestrebungen. Wir haben wahrlich genug eigene Probleme in Deutschland, auf die es sich zu fokussieren gilt! Die AfD ist bei aller Frag- und Kritikwürdigkeit die naheliegende Option, nun möglichst schnell einen Wandel, den Deutschland ja dringend braucht, einen echten Politikwechsel zu erreichen. Aber wenn dieser Wandel nur darin bestehen sollte, vom US-WEF-kommunistischen Sumpf in den russisch-chinesisch-kommunistischen Sumpf zu wechseln, werde ich das nicht unkritisch begleiten.

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