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Mein Name ist Habeck, ich weiß von nichts!

Nicht nur der Bundespräsident spricht in diesen Tagen gerne von “Wir”. Auch der Vizekanzler bemüht sich um die 1. Person Plural Nominativ, wenn er uns beispielsweise wissen lässt, dass die Regierung ihre Prognose für das Wachstum auf sagenhafte 0,3 Prozent anhebt – und diese doch eher bescheidene Aussicht darauf zurückgeführt, dass “wir” uns in den letzten Jahren Schludrigkeit erlaubt hätten.

Von Dennis Riehle

Nein, Herr Habeck, der Einzige, der diese vernichtenden Zahlen für die Bundesrepublik zu verantworten hat, das sind Sie. Und so ist es auch niemand sonst, der für den Super-GAU die Schuld trägt, welcher uns mitten in der Energiekrise durch die Entscheidung der Ampel in eine völlig obsolete Engpasssituation getrieben hat – die niemand sonst auf diesem Globus herbeigeführt. Denn es gibt in keinem anderen Land auf dem Planeten eine politische Kraft größtmöglicher ökologischer Verbohrtheit, die in bewusster Böswilligkeit, Arglist und Dreistigkeit ihre ideologischen Experimente auf Kosten der Allgemeinheit durchführt. Was sich 2022 im Hause des zwischen Philosophie und Schriftstellers wandelnden Lübeckers – der weder mit Märchen noch Kinderbüchern in Kontakt gebracht werden will -, tatsächlich abgespielt haben muss, davon zeugen die Dokumente, welche ein Journalist des “Cicero” nach einer erfolgreichen Klage zu sehen bekam – und wahrscheinlich nicht einmal über den Umstand überrascht gewesen ist, dass es hinsichtlich des Entschlusses über den Ausstieg aus der Kernkraft Manipulation, Einflussnahme und an Nepotismus erinnernde Zustände gab.

Stattdessen ist es eher das Ausmaß an Gewissenlosigkeit, Selbstverwirklichungsdrang und Borniertheit, mit welcher Partei- und Fraktionsgranden wider besseren Wissens und entgegen der Ratschläge von Fachleuten eine Weltanschauung durchgesetzt haben, die in der DNA der Grünen so immanent verhaftet ist, dass man das Versprechen über ein Ende der Technologie nach erfolglosen Versuchen in den ersten beiden Regierungsbeteiligungen während der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder nun endlich einlösen wollte – und das um jeden Preis. Immerhin ist man nicht nur mit dem Gen der Kollektivschuld belastet, sondern trägt den sich zum Kindheitstrauma ausgewachsenen Geburtsfehler in sich, nicht von der Perspektive der 1970er- und 80er-Jahre ablassen zu können, als es zweifelsohne noch Gründe dafür gab, AKWs und den von ihnen hinterlassenen Müll als schädlich für Umwelt und Zukunft zu begreifen. Es scheint über weite Strecken so, als sei man im Zeitalter der strickenden Parteitage verhaftet geblieben. Wie sehr sich die Kernenergie seit damals nicht nur mit Blick auf die Verlässlichkeit und Integrität, sondern ebenso bezüglich einer möglichen Zwischenlagerung und Recycelbarkeit von Brennstäben fortentwickelt hat, verschweigen ausgerechnet die, die sich ansonsten immer als progressiv hervortun. Schlussendlich gab es offenbar auch aus Sicht der Experten weder die Notwendigkeit zu einem fristgerechten Ausstieg hinsichtlich der Kosten dieser eben nicht entbehrlichen Ressource – noch unter Verweis auf etwaige Sicherheitsrisiken, im Gegenteil.

Denn es ist ja gerade die Doppelmoral des Bundeswirtschaftsministers, der in die Ukraine reist und die dortigen Meiler mitten im Kriegsgebiet als Garanten für die Versorgungsstabilität lobt – und gleichzeitig bei uns moderne, intakte und souveräne Anlagen herunterfahren lässt. Die Absurdität in der Logik und im Verstand von Menschen, die in ihrer Starrsinnigkeit nicht nur über manchen Kollateralschaden ihres Denkens und Handels hinwegsehen, sondern sich willentlich am Betrug des deutschen Volkes und seiner ökonomischen wie infrastrukturellen Stabilität beteiligen und ihn forcieren, kann man nicht mehr allein mit einer Zweizüngigkeit erklären, sondern muss sie als Ausdruck einer narzisstischen, histrionischen und von größtmöglichen Minderwertigkeitskomplexen getragenen Persönlichkeitsstruktur verstehen. Die Scheuklappen sind derart eng, dass sie allein das Ziel der Umsetzung einer utopischen Vorstellung vor Augen haben – welche mit Verhältnismäßigkeit, Rationalität oder Plausibilität nichts mehr zu tun hat. Und darum geht es ihnen auch nicht. Stattdessen ist es der Reiz vom Missbrauch der Macht, der sie zu einem Gebaren verleitet, das vor Widersprüchen nur so trieft – und für das man offensichtlich so weit geht, einen Zirkel um den Minister zu errichten, der ihn vor jeder Information von außen abschirmt, welche bei nüchterner Betrachtung eigentlich sofort zur Einsicht hätte führen müssen, dass Deutschland aktuell eben nicht auf Atomstrom verzichten kann.

Denn die Spitze der Perversion liegt nicht nur in der völlig verqueren Situation, mit dem erforderlich gewordenen Wiedereinstieg in die Kohlekraft die Luft zu verpesten – die man doch in der physikalisch nicht haltbaren Überzeugung einer anthropogen verursachten Erderhitzung durch Treibhausgase in der Atmosphäre eigentlich reduzieren wollte. Sondern sich aus den unsichersten Reaktoren in Europa Energie zukaufen zu müssen – weil bei einem etwaigen Tsunami am Dnepr die atomare Wolke aus Osten wie jeder verantwortungsvolle Flüchtling an der Außengrenze der Bundesrepublik haltmachen würde. Es ist tatsächlich für einen mit etwas Skepsis, Distanz und Kritik ausgestatteten Realisten nicht fassbar, wie solch ein Elfenbeinturm ausgestattet sein muss, in dem man tatsächlich von jeder Wirklichkeit abgeschottet ist – um sich als Kabinettsmitglied einer Regierung von einem Dunstkreis lobbyistischer, gesinnungsloser und opportunistisch anmutender Genossen derart einlullen, verblenden und infiltrieren zu lassen, dass man weder auf seine individuelle Vernunft zurückgreift, noch die Rufe von Sachkundigen erhört, die mit Vehemenz und Eindeutigkeit vom Ausstieg abgeraten hatten. Letztlich gibt es keine Ausrede für Habeck – und selbstverständlich kann er nicht diejenigen zu Sündenböcken machen, von denen er ideell korrumpiert wurde. Denn wem es derart an Führungsstärke fehlt, dass er sich nicht gegen die Indoktrination seiner Partei und deren Abgeordneten zu wehren weiß, der entpuppt sich nicht nur als rückgratlos, schwach und uncouragiert.

Viel eher mangelt es augenscheinlich an jeder eigenen Fachkenntnis, um die Bestrebungen der Suggestion zu entlarven – und die euphemistische Traumvision eines Deutschland ohne nukleare Energiegewinnung als das zu bezeichnen, was sie ist. Sie bleibt ein völlig sinnfreies, unnötiges und engstirniges Unterfangen, das uns nicht nur im internationalen Wettbewerb noch weiter zurückwirft – weil die Preise bei uns überproportional hoch und damit unattraktiv bleiben werden. Viel eher begeben wir uns in neue Abhängigkeiten, dieses Mal von den Erneuerbaren, die weder natürlich noch landschaftsverträglich, sondern vor allem auf das Wetter angewiesen sind. Es ist dieses auf dem Reißbrett entworfene Konzept einer greengewashten Illusion, das Habeck als Schaubild in seinen Pressekonferenzen in die Kamera zeigt, welches eine realsozialistische und zentralgelenkte Situation etablieren wird, in der sich der Staat vor lauter Bürokratisierung selbst handlungsunfähig machen dürfte. Dass wir hinsichtlich dieses Ziels bereits eine gute Strecke voran geschritten sind, das beweisen all die Verbote und Reglementierungen bezüglich des Heizens, der Mobilität, des Bauens oder des Konsums, mit denen wir schon jetzt eingeebnet werden. Dass sich dafür sogar die FDP als einstiger Verfechter von Freiheit und Ergebnisoffenheit gewinnen lässt, zeigt die offenbare Wirkungskraft einer moralisierenden Mentalität – die auch nach ihrem offenen Zutagetreten nur wenig Widerspruch erfährt. Zwar sprechen einzelne Liberale von einem Vertrauensverlust und wagen sich soweit hervor, Habeck zum Rücktritt aufzufordern. Überzeugend oder lautstark wirkt das allerdings nicht. Und dass sich die ansonsten bei jedem inszenierten Skandälchen der AfD sofort reflexartig im Gleichklang der Empörung an die Social-Media-Gemeinde wendenden Grünen angesichts der Enthüllungen in Stillschweigen üben, verwundert ebenso wenig wie der ruhende See bei Scholz und seiner SPD. Lediglich die CDU echauffiert sich ohne Unterlass. Doch was ist das wert, wen  es ihre physikalische Kanzlerin war, die aufgrund von Wellen im japanischen Hafen den Abgesang auf die Kernkraft überhaupt erst einläutete?

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