Aluhelm (Bild: shutterstock.com/on HomeArt)

Helmchendeutsche: Eine niedere Form von Leben

In Deutschland immer häufiger anzutreffen ist die Personifizierung einer degenerierten Form von Leben. Ich nenne diese Form “Helmchendeutsche”. Möge der Blitz in ihre infantilen Krachschädel einfahren. Ein Erlebnisbericht.

von Max Erdinger

Niemals wird man mich mit einem Fahrradhelmchen auf dem Kopf sehen. Erstens schon deswegen nicht, weil ich nicht radfahre solange es noch Autos gibt – und zweitens, weil ich in meiner Kindheit und meiner Jugend so viel radgefahren bin, daß die Erfahrung für ein ganzes Leben reicht. Die Erfahrung: Wenn ich radfahren würde, dann könnte ich das so gut, daß ich nicht davon ausgehe, irgendwo dagegen zu fahren oder gar vom Rad zu fallen. Was für ein Bild würde ich denn auch abgeben von mir? Es wäre unter meiner Würde, den Eindruck zu erwecken, daß ich mich selbst auf dem Fahrrad noch als dem unbeeinflußbaren Schicksal ausgeliefert betrachte. Noch habe ich die Dinge unter Kontrolle, nicht die Dinge mich. Meine Verachtung für Helmchendeutsche ist grenzenlos. Schon deswegen, weil sie sich zu allem Überfluß auch noch für die Suprematisten der Vernunft halten.

Heute Nachmittag war ich mit dem Auto unterwegs zum Garten außerhalb der Stadt. Ein Teil der Strecke führt über ein schmales Sträßchen, für das außer einer Gewichtsbeschränkung keine weiteren Einschränkungen gelten. Im Oktober sind auch die Felder links und rechts neben dem Sträßchen abgeerntet, so daß der Streckenverlauf wieder übersichtlich geworden ist. Sehr gemütlich bummele ich dieses Sträßchen entlang, komme um eine Kurve und sehe vor mir in etwa 200 Metern Entfernung eine Familie, die auf diesem Sträßchen ihren Sonntagsspaziergang unternimmt. Das Sträßchen ganz das ihrige. Vater, Mutter und Kind. Das Kind der Körpergröße nach vielleicht sieben oder acht Jahre alt. Helmchendeutsche, wie sich gleich herausstellen würde.

Der Vater nimmt mich als erster wahr. Oh Gott, ein Kraftwagen nähert sich. Er weist Frau und Kind auf die sich anschleichende Gefahr von hinten hin und daß sie der böse Kraftfahrer wohl überfahren würde, wenn sie sich nicht vom schmalen Asphaltband herunter und in den gemähten Grasstreifen neben dem Sträßchen begeben. Ich bin noch weit weg, fahre schon ohnehin nicht schneller als vierzig. Während ich den Fuß vom Gas nehme, bricht bei den Helmchendeutschen Panik und Unwillen aus. Sie müssen sich auf eine Situation einstellen, die ihnen ganz und gar nicht gefällt. Was für eine Schweinerei, daß auf ihrer Spazierstrecke überhaupt ein Auto fahren darf. Widerwillig einigen sich Mutter und Kind darauf, daß sie die linke und das Kind die rechte Straßenseite nimmt. Als sie sich endlich entschieden hatten, wer wo genau die Straße für mich freigeben soll, war ich schon dirtekt hinter ihnen und hatte meine Fahrgeschwindigkeit auf doppelte Schrittgeschwindigkeit reduziert. Doch war das? Hob der Vater etwa die Hand, um mich freundlich zu grüßen oder mir für meine vorbildliche Rücksichtnahme zu danken? – Nein. Er hob sie zwar, aber nur, um mit der flachen Hand eine Auf-und-Ab-Bewegung als Aufforderung zur Temporeduzierung zu machen. Was für ein Tempo? Ich stand doch schon fast. Von Tempo konnte gar keine Rede mehr sein. Ich hatte ihn sofort als einen Helmchendeutschen identifiziert, als einen, der gar nicht mehr daran dachte, sich Verantwortung für irgendetwas selber zurechnen zu lassen. Schlagartig schwoll mir die Ader. Sofort stand ich und stieg aus.

Was er sich überhaupt einbilde, blaffte ich ihn an. Ob er vielleicht glaubt, ich hätte auf einer Straße, die für den motorisierten Verkehr gebaut wurde, so zu tun, als befände ich mich auf dem Fußgängerweg. Ob es ihm vielleicht genehm gewesen wäre, daß ich mein Auto unauffällig und demütig hinter ihm und seiner Familie herschiebe, so lange die Herrschaften gern die gesamte Straßenbreite zum Lustwandeln in Gottes schöner Natur für sich in Anspruch nehmen wollen. Oder ob weniger als 20 km/h vielleicht langsam genug sind, um an Personen vorbeizufahren, die genau wissen, daß man gleich an ihnen vorbeifahren würde. Auf einer Straße. Und ob sie eigentlich wüssten, daß hundert Meter links von diesem Sträßchen parallel ein idyllischer Fußweg durch eine wunderbare herbstliche Allee verläuft, die für Kraftfahrzeuge gesperrt ist.

” Ja, aber da ist ein Kind! Ein Kind!” – Ah, die Schiene also. Es hätte mein Fehler gewesen zu sein, nicht damit zu rechnen, daß sein Kind zu blöde sein könnte, um einfach am Straßenrand stehen zu bleiben, obwohl es weiß, daß gleich ein Auto vorsichtig an ihm vorbeifahren würde. – “Es ist Ihr Kind, nicht meines! Ich gebe schon Acht auf Ihr Kind. Weil ich mich vor Dellen in meinem Oldtimer fürchte. Ich sorge mich um den Oldtimer, weil es meiner ist – und Sie sorgen sich gefälligst um Ihr Kind, weil es Ihres ist! Gehen Sie mir nicht auf die Nerven mit ‘ein Kind, ein Kind’!”. Dann mischte sich die Mutter auch noch ein: “Ja, aber da ist doch ein Kind! Ein Kind!” – “Nein, hier ist nicht ein Kind, sondern drei Kinder! So infantil, daß man zwei von ihnen das Wahlrecht entziehen sollte!” – Unglaublich, diese völlig verblödeten und dennoch impertinenten Helmchendeutschen mit ihrer eigebildeten moralischen Überlegenheit als schwache Opfer des Bösen in Gestalt des Kraftfahrzeugs.

Ich stieg wieder ein, um die letzten 300 Meter zum Garten gar zurückzulegen. “Das ist dieses Pack”, dachte ich mir, “das sich jeden Scheiß erzählen läßt, um dann sofort eine Haltung einzunehmen, von der es glaubt, daß sie die recht vorteilhaft schmückt.” Helmchendeutsche, Maskenträger, Impfstoff-Fetischisten, Grundrechteverschenker, Ukrainestander … da fällt mir ein: Eigentlich wollte ich doch über etwas ganz anderes schreiben. Was war das noch? Ach ja, Altkanzler Gerhard Schröder hat der “Berliner Zeitung” ein Interview gegeben, in dem er etwas ausplauderte, das meinereiner schon seit anderthalb Jahren wusste und öfter darauf hingewiesen hat. Es waren die Amerikaner, die Selenskyj im April 2022 “verboten” hatten, tatsächlich den Frieden mit den Russen zu machen, den eine ukrainische Delegation im März 2022, gute vier Wochen nach dem Beginn der russischen SMO, mit einer russischen Delegation in Istanbul unterschriftsreif ausgehandelt hatte. Um diese Friedensperspektive aus der Welt zu schaffen, hatten die Amis damals Boris Johnson vorgeschickt, diese verunglückte Karikatur eines russophoben Konservativen. Der schlug am 9. April 2022 in Kiew auf und redete Selenskyj ein, daß Frieden ganz furchtbar unnötig sei, weil “die Ukraine” doch vom “Wertewesten” unterstützt werde mit allem, was “die Ukraine” für den siegreichen Krieg braucht – und zwar “as long as it takes”. Knapp 500.000 tote Ukrainer und etwa 100.000 tote Russen könnten heute noch leben. Die liebe Ukraine ist dennoch am Ende. Aber der Helmchendeutsche: “I Stand With Ukraine” – und: “Ein Kind! Ein Kind!”

Gaza KInd
Ein Kind! Ein Kind! – Screenshot Facebook

Allerweil “standet” der Helmchendeutsche mit Israel. Hier oben ein Bild. Da schreit er nicht “Ein Kind! Ein Kind!”. Und mir zerreißt es das Herz. Ich liebe Kinder. Und Hunde. Ehrliche, unverbogene Seelen. Ich hasse jeden, der ihnen etwas antut. Jeden! – Ein Kind! Ein Kind!

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