Ein Abend mit dem Dichter und Almhirten Bodo Hell in Bad Ischl - Foto: Imago

Sprengstoff & Schweinefleisch: Der Wirt von Bad Ischl

Ein Wirt im oberösterreichischen Bad Ischl sorgte mit einer Werbetafel vor seiner Gaststätte für viel zustimmendes Gelächter und viel Empörung zugleich. Er machte den Freunden des Schweinfleischs ein gutes Gewissen und warb auf diese Weise für die traditionellen Gerichte seiner Heimat. Auf den zweiten Blick bleibt einem das Lachen allerdings im Halse stecken und weicht einer gewissen Frustration.

von Max Erdinger

Exxpress.at berichtete aus Bad Ischl. Unter der Schlagzeile: “Explosiver Streit: Großer Wirbel um Schweinefleisch-Spruch vor Lokal in Bad Ischl”, stand Folgendes zu lesen: “Aufregung in Bad Ischl! Auslöser ist ein für seine lustigen Sprüche bekannter Wirt. Sein Text über Menschen, die Schweinefleisch essen, hat Sprengkraft. Und ging in den Augen mancher angesichts der ohnehin angespannten politischen Großwetterlage zu weit. Andere stimmen dem Lokalbesitzer zu.” Darunter gleich ein Foto von dem fraglichen Schild.

Bad Ischl Schweinefleisch
werbetafel vor Gaststätte in Bad Ischl – Foto: exxpress.at

“Menschen, die Schweinefleisch essen, neigen statistisch gesehen weniger häufig dazu, sich und andere in die Luft zu sprengen”, ist auf der Werbetafel vor der Gaststätte zu lesen. Ein Schenkelkopfer wegen der pfiffigen Werbebotschaft. Kommen Sie herein, genießen Sie unsere regionale Küche und erhöhen Sie dadurch Ihre Chancen, sich und andere – nicht! – in die Luft zu sprengen. Bei uns werden Sie humorvoll bedient. Ich gebe zu, daß ich zuerst einmal lachen musste. Weil ich die “Sprenggläubigen” nicht leiden kann und einem Schweinebraten mit Semmelknödeln meistens nicht abgeneigt bin. Der Wirt in Bad Ischl ist “mein Mann”. Er hatte eine zutreffende Behauptung in humoriger Form als Werbung für sein Lokal verwendet. Aber so richtig “nachhaltig” war mein Gelächter nicht. Als ich mir überlegte, was der Wirt stattdessen auf seine Werbetafel hätte schreiben können, wich meine gute Laune einer gewissen Nachdenklichkeit. – “Menschen die Schweinefleisch essen, neigen statistisch gesehen sehr häufig dazu, andere mit Bomben aus der Luft zu sprengen.” Das trifft genauso zu, wie der Spruch auf der Werbetafel in Bad Ischl. Schlagartig fand ich den Spruch auf der Werbetafel nicht mehr originell. “Schweinefleisch: Das frißt der Bomberpilot”. Kurz, knackig und ebenso stimmig wie der ursprüngliche Spruch.

Wenn ich jemanden so wenig leiden kann wie die “Sprenggläubigen”, dann sind es die Selbstgerechten. Die gehen mir mit oder ohne Schweinefleisch auf den Geist. Der Sechs-Tage-Krieg 1967 ging los mit einem israelischen “Präventivschlag”. In der Ukraine hingegen ging es los mit einem “unprovozierten russischen Angriffskrieg”. Erst “standet” der Selbstgerechte “with Ukraine”, als nächstes “standet” er “with Israel”. Und wenn er glaubt, daß zu seinem Ruhm und seiner Ehre jeder gesehen haben könnte, wo sein “I”(ich) jeweils recht selbstgefällig “herumgestandet” hat, dann “standet” er (“I”) als nächstes wegen der Reichspogromnacht vor dem Kanzleramt herum und trieft dort exhibitionistisch vor lauter Anständigkeit, daß sich zu seinen Füßen eine ölige Lache bildet. Hauptsache, es kann jeder sehen, wo er wieder einmal “standet”, der Untadelige. Vor gut anderthalb Jahren wurde im Lande der “I stand with”- Honorigen, geläutert, wie sie nun einmal sind, die Russenhatz eröffnet. Die Schaufensterscheiben russischer Geschäfte wurden eingeschlagen oder beschmiert, ein russischer Dirigent gefeuert, eine russische Operndiva mit Auftrittsverbot belegt, russische Schulkinder gemobbt oder gar verprügelt. Aber “Reichspogromnacht” während der deutsche Zoll die Autos russischer Transit-Touristen beschlagnahmt, ihnen die Armbanduhren, die Handys und sogar die Reisekoffer klaut. “I stand with Gedenken”.

In einem Land, in dem seit über vierzig Jahren die Uhren zweimal im Jahr umgestellt werden können, sollte es eigentlich möglich sein, dem November 31 Tage zu verpassen, damit man einen zweiten 9. Gedenknovember unterbringt. Am ersten 9. Gedenknovember kann “I” dann “against Reichspogromnacht standen”, am zweiten 9. Gedenknovember “with Mauerfall”. Zweimal neunter November heißt: Zweimal Gelegenheit, den eigenen Anstandslarry dick heraushängen zu lassen. Super Idee! I stand with meine originellen Einfälle. Da fällt mir ein: Könnte man nicht am Holocaust-Mahnmal noch ein wenig anbauen? Je größer, desto besser das “Gedenken” an “I” und seine Hochanständigkeit, oder nicht?

Zum Schluß noch ein Screenshot von der BBC. Netanyahu erklärt den Briten, daß Hitler die Juden gar nicht umbringen wollte. Ein Moslem sei es gewesen, der ihm das eingeredet hat. Na dann. Scheint auf den “sprenggläubigen” al-Husseini, den Mufti von Jerusalem hereingefallen zu sein, der vegetarische Schweinefleischverächter aus Braunau. Da wird “I” wohl am Holocaust-Mahnmal nicht anbauen -, sondern ungefähr die Hälfte wieder abreißen müssen. “I stand with Israel”.

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Netanyahu 6
Na sowas? – Screenshot YouTube