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Reflexionen über einen seltsamen Rollentausch

Von Quo usque tandem

Szenario 1: Als geborener Deutscher wanderte ich mit 22 Jahren, als Ergebnis einer erfolgreichen Bewerbung bei einer dortigen Firma, in ein südamerikanisches Land aus. Um das notwendige Visum zu erhalten, musste ich dem Konsulat dieses Landes umfangreiche Dokumentation betreffend meiner schulischen und und beruflichen Ausbildung und meines Gesundheitszustandes sowie ein polizeiliches Führungszeugnis und einen Arbeitsvertrag vorlegen; ferner musste mein künftiger Arbeitgeber sich gegenüber den Behörden meines Ziellandes formell verpflichten mich, sollte der Fall eintreten, dass ich nicht mehr im Stande wäre für meinen Unterhalt selbst aufzukommen, auf seine Kosten aus dem Land zu schaffen.

Im heutigen Deutschland muss eine Person, die den Wunsch verspürt nach Deutschland einzureisen um dort permanent zu bleiben, an der Grenze (oder nach bereits erfolgter illegaler Einreise) lediglich das Wort „Asüll“ radebrechen, um sofort Eingang in die hiesige soziale Hängematte zu finden. Mit der Hilfe eigener Verschleierungs-Taktiken sowie der eines geschickten, auf das Streuen von Sand in das Getriebe der Asylprüfungs-Vorgänge spezialisierten „Rechtsbeistandes“, wird es dieser Person dann möglich sein, die Prüfung seines/ihres Asylbegehrens über Jahre zu verzögern (während welcher er/sie weiter die Gastfreundschaft des deutschen Steuerzahlers genießt).

Sollte das Asylbegehren endlich endgültig abschlägig beschieden werden, so muss dies noch lange nicht das Ende des Aufenthalts im Land von Milch und Honig bedeuten: Entweder sein „Rechtsbeistand“ (dessen Honorar und Auslagen übrigens auf dem Weg der Rechtskostenhilfe ebenfalls aus der Tasche des deutschen Steuerzahler kommen) macht geltend, dass seine/ihre persönliche Sicherheit in dem Herkunftsland (in welches er/sie inzwischen möglicherweise bereits mehrmals zwecks Urlaub und/oder Familienbesuch zurückgekehrt ist) akut bedroht ist, oder es ergibt sich, wie durch Magie, dass sein/ihr Gesundheitszustand die Abschiebung nicht erlaubt, oder – als letztes Mittel – er/sie randaliert anlässlich des Besteigens des Abschiebe-Fliegers in einer Weise, welche die öffentliche Aufmerksamkeit erregt: in all diesen Fällen wird er/sie in der Regel sog. „Verschonung“ (auch „subsidiärer Schutz“ genannt) zugestanden bekommen und weiterhin in der sozialen Hängematte Deutschlands verbleiben.

Szenario 2: Im Zug der gegenwärtig in vielen deutschen Städten stattfindende islamischen Sympathie-Kundgebungen für die Palästinenser des Gaza-Streifens tauchen inzwischen auch Transparente und Sprechchöre auf, welche unmissverständlich die die Abschaffung der bestehenden Gesellschaftsordnung in Deutschland und deren Ersatz durch ein islamisches Kalifat fordern – ohne, dass die Vertreter der deutschen Staatsgewalt sich bisher hiervon besonders alarmiert zu zeigen scheinen.

Um auf meinen (etwas mehr als zwanzig-jährigen) Aufenthalt in diversen lateinamerikanischen Gastgeber-Ländern zurückzukommen: Hätte ich mir einfallen lassen mich in irgend einem dieser Länder öffentlich lauthals für einen radikalen Wechsel in Sachen Religion, Verfassung und/oder Gesellschaftsordnung einzusetzen, so hätte ich mich nach wenigen Tagen auf einem Flug Richtung Deutschland wiedergefunden, mit einem Stempel in meinem Pass, welcher diesen für jegliche Wiedereinreise in das betreffende Land ungültig gemacht hätte.

Fazit aus Szenarien 1 und 2: In der vorherrschenden deutschen Volksmeinung werden die Länder Lateinamerikas traditionell als zum politischen Chaos und gesellschaftlicher Volatilität neigend gesehen, während Deutschland als der Hort der politischen und gesellschaftlichen Stabilität gilt.

Angesichts des weiter oben Gesagten beginne ich Zweifel daran zu hegen, ob diese Einschätzungen noch zeitgemäß sind, oder ob nicht inzwischen ein Rollentausch zwischen den beiden Vergleichs-Objekten stattgefunden hat.

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