Neulich in einem deutschen Pflegeheim (Symbolfoto: Alexandre Rotenberg/Shutterstock)

Ein neuer Fall von Geldgier?: Weg mit den Alten – her mit den Asylbewerbern

In einer Seniorenresidenz in Baden-Baden bekommen die Bewohner ungefragt neue Nachbarn. Im Schwarzwaldwohnstift Lichtental sind mehr als ein dutzend Asylbewerber aus Kamerun, Nigeria, Georgien und der Ukraine eingezogen. Sie wohnen jetzt Wand an Wand mit völlig überraschten Pflegebedürftigen, die angesichts des nächtlichen Kindergeschreis glauben, sie hätten Halluzinationen. Alte Menschen, die sich um einen Platz im Pflegeheim bewerben, haben das Nachsehen. Bevorzugt werden nun die “Neuen”, denn an denen verdient man besser.

Noch vor kurzem galten Bewohner von Seniorenheimen als besonders “schützenswert”, dank Corona durften Angehörige ihre Familienmitglieder nicht besuchen. Manch einer starb verwirrt und vollkommen ohne Beistand seiner Liebsten. Vergessen, Vorbei. Nun ist das Leben Seite an Seite mit Menschen aus aller Welt plötzlich kein Problem mehr. Unter den Bewohnern des Lichtentaler Seniorenwohnstifts macht sich laut Welt “Unruhe” breit. Sie wurden über den Einzug der “REinbürger” weder vorher informiert oder gar gefragt. Jetzt hätten sie Angst, “Angst davor, gegen Flüchtlinge ausgetauscht zu werden“, so die PflegedienstleiterinManuela Anselm. Auch sie erfuhr von der Stadtverwaltung im Vorfeld nichts von dem “neuen Konzept” heißt es weiter, nach dem mehr als ein Dutzend Personen aus Kamerun, Nigeria, Georgien, der Ukraine, vor allem Frauen, einige mit Kindern in frei werdende Räume einquartiert werden.

An einen ruhigen Lebensabend  ist in dem Schwarzwaldwohnstift, einem aus drei Gebäuden bestehenden Apartmentkomplex für betreutes Wohnen, seit einigen Monaten nicht mehr zu denken. Denn die Baden-Badener Stadtverwaltung hat entschieden, dort frei werdende Apartments für Wohnungslose und Migranten anzumieten. Jetzt ist bunte Vielfalt angesagt. Asylbewerber Seiten an Seite mit hochbetagten, teils kranken Menschen, kein Problem für die Verantwortlichen. Doch so mancher Senior zweifelt an seiner geistigen Gesundheit: “Kinder sind nun mal laut, das dürfen sie ja auch sein. Aber jetzt wohnen zwei Familien mit Kleinkindern direkt neben einer 97 Jahre alten Dame“. Die sei in der ersten Nacht nach Einzug der Neubürger durch Kinderstimmen wachgeworden und aufgeregt nach der Nachtwache geklingelt, weil sie meinte, sie leide unter Halluzinationen, berichtet die Chef-Pflegerin aus ihrem neuen Alltag.

Der parteilose Baden-Badener Oberbürgermeister Dietmar Späth führt mal wieder vor, wieviel einem Politiker seine Versprechen wert sind, hatte er doch ausdrücklich versichert, Transparenz zu wahren, wenn es um die Unterbringung von Migranten geht.

Doch Kritik regt sich: Die Pflegedienstleiterin Anselm findet den Umgang mit den Senioren “skrupellos”. Denn ihre Aufgabe ist es nun zahlreiche Anfragen n ach einem Heimplatz abzusagen. Anfang November kam es noch dicker: Da schickte ein Anwalt, der die Eigentümer der Immobilien vertritt, 34 Bewohnern Räumungsaufforderungen. Nach “großer Aufregung” sei die zwar zurückgezogen worden, die Eigentümer wollten nach “anderen Möglichkeiten” suchen (mehr Geld rauszuschlagen). Doch die Unsicherheit bleibt, denn die Situation im Baden-Badener Schwarzwaldwohnstift  ist unübersichtlich. Insgesamt 117 Einheiten für betreutes Wohnen gehören individuellen Besitzern und Investoren, darunter eine Immobilienfirma. Alle verpachten ihr Eigentum an den Betreiber der Anlage, der dann direkt von den Bewohnern eine höhere Monatsmiete bekommt und davon seinen Anteil für Verwaltung, Haustechnik, Nebenkosten und Serviceleistungen einbehält, so ist das Konzept. An dieser Stelle gibt es seit einiger Zeit Uneinigkeiten und Streit zwischen dem aktuellen Betreiber und den Wohnungseignern. Es geht um die Konditionen des Pachtvertrages, Juristen wurden hinzugezogen. Den bisherigen Höhepunkt fand die Auseinandersetzung g in der – mittlerweile zurückgenommenen-“Räumungsaufforderung” gegen die 34 Bewohner, die das Ganze ausbaden sollten.

Die Stadt wolle vorerst keine weiteren Wohnungen im Stift anmieten, heißt es bei der Welt. Man wolle sich nicht in die Rechtsstreitigkeiten einmischen, behauptet die Verwaltung. Doch die Bewohner haben vielleicht Glück im Unglück, denn unter ihnen wohnt auch Leon Meyer-Vogelfänger und der kennt sich aus. Er ist studierter Politologe, war persönlicher Referent des früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth (CDU), arbeitete nach der Wende für die Treuhand und zog in Sachsen-Anhalt als Kultur-Staatssekretär in die Staatskanzlei ein. Er kennt sich aus im juristischen Klein-Klein und gründete eine Initiative gegen das neue “Wohnmodell”. Der 79-Jährige ist überzeugt: Die Einmietung von Migranten sei rechtlich nicht zulässig gewesen, dazu hätten alle Besitzer zustimmen müssen. Aus seiner Sicht handele es sich bei dem Vorgang “nicht um eine Initiative für Flüchtlinge, sondern um das Ausquartieren von Bewohnern zugunsten des Erschleichens höherer Mieterträge“, stellt er klar. Seiner Initiative hätten sich bereits 17 Eigentümer angeschlossen, die gegen eine weitere Vermietung an die Stadt sind, so Meyer-Vogelfänger. Doch wie die Zukunft für die am Ende ihres Lebens angelangten Bewohner aussieht und ob am Ende Gerichte entscheiden, bleibt abzuwarten. (MS)

 

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