Habeck und die Ampel im Wandlitz-Modus (Collage:Jouwatch)

Volk gegen Führung

Wer noch daran zweifelt, dass diese Ampelrepublik der Endphase der DDR ähnelt, muss sich nur das anschauen, was Vizekanzler und Wirtschaftschaftsminister Robert Habeck heute zum bundesweiten Bauern-Aufstand – der die größte Protestbewegung in der Nachkriegsgeschichte auf deutschem Boden darstellt – absonderte. Während er und die übrigen Ampel-Bonzen der Regierung frech und dummdreist unbeirrt ihre “Sparbeschlüsse” auf den Weg brachten und damit den Demonstrierenden ungerührt ins Gesicht rotzten, fiel ausgerechnet Habeck – der nach dem propagandistischen Lügenmärchen von der “Nötigung” am Schüttsieler Fähranleger besser ganz leise sein müsste – nichts besseres ein, als Öl ins Feuer zu gießen, die Protestierenden in die rechte Extremistenecke zu rücken und vor „Umsturzfantasien“ zu warnen.  In einer Art “Rede an die Nation”, die er selbst über Social Media teilte, behauptete Habeck, es kursierten “Aufrufe mit Umsturzfantasien”. Wörtlich schwurbelte er: “Extremistische Gruppen formieren sich, völkisch nationalistische Symbole werden offen gezeigt.“

Was die Mächtigen hier tun, ist dasselbe, was den SED-Geronten der Wandlitzer Machtclique anlässlich der Montagsdemonstrationen und der wachsenden Bürgerrechtsbewegung in der DDR vor über 34 Jahren am Ende als einziges einfiel: Legitimen, gebotenen Widerstand des echten Volkes zu kriminalisieren, als – auch damals schon “gegen die demokratische Republik” gerichtete Subversion zu verunglimpfen und die Kritik maximal zu verunsachlichen, indem auf Spaltung, Stigmatisierung und Pauschalverdächtigung gesetzt wird. Bloß dass es diesmal keine “imperialistischen” und “westlichen” –  “faschistische” hingegen schon – Provokateure sein sollen wie damals, sondern angeblich Reichsbürger, Nazis, braune Infiltrationen und (natürlich wieder) Querdenker. Kein Klischee ist zu dumm, als dass es Habeck nicht ins Feld führen würde. Der Ruf nach Regierungswechsel ist für ihn Umsturz, den Volkszorn über eine Verarmungs- und Enteignungspolitik delegitimiert er als “Entgrenzung der freien Meinungsäußerung” (als ob so etwas noch existieren würde). Und ausgerechnet er, dessen Regierung die monströsesten Eingriffe ins Privatleben der Bürger zu verantworten hat – von Reise-, Ess-, Arbeits-, Mobilitäts-, Wohn- und Heizgewohnheiten bis zu Sprech- und Denkverboten, von versuchten Impfpflichten bis digitaler Totalüberwachung – hat die Chuzpe, die “Verletzung der Privatsphäre” zu monieren, weil ein paar Traktoren vor Häuser von Politikern fahren.

Gefährlichste Antidemokraten sind Grüne

Anabel Schunke bringt es auf den Punkt: “In einem 11 (!) Minuten langen Video schwadroniert Habeck anlässlich der Bauernproteste vor allem am Ende über eine Realität, die nur noch in seinem Kopf und vielleicht in den verstrahlten Köpfen der restlichen 3 Wähler der Ampel existiert. Man solle sich gegen den gemeinsamen ‘Hauptgegner’, die Anti-Demokraten, zusammentun, weil die uns alle bedrohen. Anti-Demokraten sind für den Wirtschaftsminister in diesem Zusammenhang offenbar alle, die keinen Bock mehr auf die ruinöse Politik der Ampel haben. Anti-Demokrat ist offenbar, wer jetzt demonstriert oder sich auf die Seite der Bauern stellt. Und sowieso leben wir ja im besten Deutschland, das es je gab.” Und sie verweist darauf, dass die gefährlichsten Antidemokraten aus den Reihen der Grünen kommen: Dieses Deutschland mag für sie selbst “das Beste” sein, aber “für viele Menschen, gerade aus der schweigenden Mitte”, die Habeck & Co. stets mobilisieren wollen, ist es das schon lange nicht mehr. “Und dafür tragen ihre Partei und ihre willigen Helfer in den Medien, die den grünen Zeitgeist auch in jeder anderen Partei durchgedrückt haben, die Hauptverantwortung.”

Dass sich die Bauernverbandsfunktionäre immer noch an die Seite dieses Systems stellen, ist ein Wermutstropfen, der leider auch die heutigen bundesweiten Proteste in über 300 Großstädten und Aktionszentren überschattete: Vielerorts sorgten sie dafür, dass Werte-Union- und AfD-Politiker nicht reden durften oder von Bühnen geführt wurden, obwohl sie die Anliegen der Bauern und der anderen zahlreichen protestierenden Branchen als einzige in diesem Land politisch vertreten. Die Haltung “wasch mich, aber mach mir den Pelz nicht nass”, Brandmauer-Distanzeritis und Spaltung beherrschen leider nach wie vor die kontrollierte “Debatte”, und daran konnte auch der ansonsten wohldisziplinierte Protest nichts ändern.

Disziplinierte Proteste

Alleine schon die bundesweit wohlkoordinierte und friedliche Durchführung der Aktionen spricht Habecks Stuss vom “Umsturz” Hohn. Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, resümierte anerkennend: „Die Proteste sind bislang diszipliniert und verantwortungsvoll. Wir haben nichts anderes erwartet, alle Versuche, unsere Landwirte zu kriminalisieren und in die rechte Ecke zu schieben, sind gescheitert. Es werden Rettungswege geplant und gesichert, die Absprachen und Zusammenarbeit mit der Polizei vor Ort funktioniert. Das alles unterscheidet diesen ordnungsgemäßen, demokratischen Protest von der kriminellen Willkür der so genannten Klimakleber.” Selbst bei schlimmsten Zumutungen wahrten die Demonstranten Anstand. Bodo Ramelow, dessen Landesverfassungsschutzchef Kramer am liebsten die AfD samt Protestbewegung verbieten und in die Kategorie des “braunen Bodensatzes” rückt, wurde in Erfurt zwar niedergebrüllt – mehr aber nicht. Der “Mistgabelmob” übte Zurückhaltung.

Die Gewalt und Verrohung kam – wie üblich – nicht von den bösen, angeblich “rechts unterwanderten” Bauernprotesten, sondern von der Antifa-affinen Gegenseite. Regierungsfans vollbrachten nämlich das, was selbst im Fall der Klimakleber bislang noch nie passiert war: In Niedersachsen raste ein irrer linksextremistischer Amokfahrer in den eine Kundgebung und überführ einen Landwirt, der ist mit dem Rettungshubschrauber mit lebensgefährlichen Verletzung in die Klinik geflogen werden musste. Der Autofahrer flüchtete erst, konnte aber von der Polizei gestellt werden. “Augenzeugen gehen von Vorsatz aus”, so “Bild“. Trotz dieser Versuche des regierungstreuen Lagers, die Gewalt auf die Straße zu tragen, ließ sich der friedliche Widerstand nicht provozieren. Im Gegenteil: Mit Witz und Humor wurde auf die unterirdischen Anfeindungen von Hetzern und Trollen, die die Protestbewegung vorab verunglimpften, reagiert – so etwa auf Jörg Kachelmanns hämische Prognose, kalte Temperaturen würden die Demonstranten empfangen:

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Fuck you, Kachelmann! (Foto:Twitter)

Apropos friedlicher Widerstand: Es fällt anscheinend überhaupt niemandem mehr auf, dass die Mächtigen des linksgrünen Milieus, die einst ihre politische Sozialisation in der Friedens- und Anti-AKW-Bewegung fanden, inzwischen noch reaktionärer auf Bürgerunmut reagieren, als dies die konservativen, angeblich von Alt-Nazis durchwirkten Kräfte des politischen Establishments der 1960er bis 1980er Jahre je gewagt hatten. Ausgerechnet Habecks grüne Erben pflegten ihre damalige “Protestkultur” keineswegs friedlich, woran Vince Ebert erinnerte: “Hunderte von verletzten Polizisten, sogar Tote, bei Großdemos in Wackersdorf, Brokdorf oder der Startbahn West… Ähnliches galt für die G8-Demo in Frankfurt oder die
Proteste in Lützerath.” Ebert weiter: “Und trotz dieser vielen Gewalt-Eskalationen wären die Grünen niemals auf die Idee gekommen, die Art und Weise ihrer Protestkultur in Frage zu stellen. Über die letzten 40 Jahre nahm man Opfer (auf beiden Seiten) billigend in Kauf. Weil es ja einer guten Sache diente und ‘gegen die da oben’ ging. Jetzt sitzen die Grünen selbst ‘dort oben’. Und können es nicht fassen, dass es nun eine Protestkultur gibt, die sich gegen ihre Politik richtet.” Das ist der Punkt. Die schärften Kritiker der Elche werden später selber welche, wie Robert Gernhardt einst treffend schrieb,

Dass wir es hier tatsächlich mit dem uralten Phänomen “Volk gegen Führung” zu tun haben, zeigen auch die riesigen Sympathie- und Zustimmungswerte für die Protestaktionen: Fast neun von zehn Bundesbürgern haben Verständnis für die Aktionen. Kein Wunder – diese Politik kann niemand mehr guten Gewissens mittragen, der nicht jenseits von Gut und Böse ist. “Strompreisbremse gestrichen – Gaspreisbremse gestrichen –  Hilfe für die Ukraine 2024 von 4 auf 8 Milliarden verdoppelt… Nicht rummeckern, genießt einfach das, was ihr gewählt habt!”, hieß es auf einem Plakatmotiv der heutigen Demo. Die Proteste haben inzwischen auch im Ausland für Reaktionen gesorgt: Sogar Elon Musk kündigte auf Twitter seine Unterstützung der Berliner Bauernproteste an. (DM)

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